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Rot-Rot-Grün – ein Gespenst?

Rot-Rot-Grün – ein Gespenst? www.spd.de ©Susie Knoll

Martin Schulz muss Farbe bekennen

Die SPD hat einen neuen Hoffnungsträger namens Martin Schulz. Doch Hoffnungsträger, sowohl Kanzlerkandidaten als auch Parteivorsitzende, hatte die Sozialdemokratie schon oft. 2009 wollte Frank-Walter Steinmeier Kanzler werden, 2013 Peer Steinbrück. Beide schafften es nicht. Turbulenter war es bei den Parteichefs. Von 2004 bis heute führten nicht weniger als sechs Personen die traditionsreiche Partei: Franz Müntefering, Matthias Platzeck, Kurt Beck, Frank-Walter Steinmeier, wieder Franz Müntefering, schließlich Sigmar Gabriel. In wenigen Wochen soll dann – Nummer sieben – Martin Schulz auch neuer Parteivorsitzender der SPD werden.

Wird es nun Martin Schulz als Kanzlerkandidat schaffen? Wenn die veröffentlichten Meinungstrends stimmen (große Zweifel sind angebracht), sieht es im Moment für Schulz gut aus und nach einer neuesten INSA-Umfrage soll jetzt sogar erstmals die SPD einen Prozentpunkt vor den Unionsparteien liegen (SPD 31%, Union 30%). Vierzehn Tage vorher betrug die Differenz noch 12,5% (Union 33,5%, SPD 21%). Wer’s glaubt (die neueste INSA-Umfrage) wird selig … Fakt ist: Bei der Sozialdemokratie herrscht Hochstimmung, die Medien haben plötzlich wieder ihre alte Liebe zur Partei erkannt. Doch wie realistisch ist dies alles? Eher wenig!

Fakt wird wohl sein, dass vor allem die Unionsparteien, aber auch SPD und Grüne, bei der Bundestagswahl in diesem Jahr gerupft werden, denn für die Themen, die den Bürgern unter den Nägeln brennen (die Flüchtlingskrise und die damit verbundene Sicherheitslage), haben die etablierten Parteien keine zielführenden Lösungen. Martin Schulz kann für die SPD schon froh sein, wenn er das Wahlergebnis von 2013 mit 25,7% stabilisieren kann, nachdem die Partei vor wenigen Wochen noch um die 22% herumkrebste. Die Verluste der Union möchte die AfD und mit Abstrichen die FDP einsammeln. Die Linke dürfte ihren harten Kern von ca. 10% erreichen. Die FDP könnte durch die Verdrossenheit vieler Unionswähler zulegen und in den Bundestag einziehen. Diese Entwicklung kann Realität werden, wenn man das derzeit verbreitete Wunschdenken der Meinungsforscher, die aufgrund der Blamagen bei den Landtagswahlen, beim Brexit und der US-Präsidentenwahl derzeit besser schweigen sollten, einmal ausblendet.

Rot-Rot-Grün dürfte im günstigsten Szenario auf maximal 46% kommen, d.h. das Lager jenseits von Rot-Rot-Grün kann eine derartige Regierungskonstellation im künftigen Bundestag blockieren bzw. verhindern. Es wird wohl – vielleicht ein letztes Mal – auf eine allerdings wesentlich kleinere, gemessen an der Anzahl der dahinter stehenden Abgeordneten, Große Koalition hinauslaufen. Allerdings gibt es dann endlich eine größere Opposition der restlichen Parteien.

Überschätzter „Goldjunge“ Schulz

Der neue SPD-Hoffnungsträger Schulz muss sich im bald einsetzenden harten Wahlkampf Fragen stellen. Für was steht die SPD unter einem Vorsitzenden Schulz? Offensichtlich wird er überschätzt. Das nach seiner Inthronisierung erfolgte Gerede von mehr Gerechtigkeit ist Dünnbier, eine Uralt-Klamotte sozialdemokratischer Politik. Dieses Thema, so erstrebenswert es auch ist, schreiben sich nämlich mehr oder minder alle Parteien auf ihre Fahnen. Wer will schon keine Gerechtigkeit? Welche Lösungen hat Schulz aber bei den Themen Flüchtlingskrise und Sicherheit wirklich anzubieten? Kann er überhaupt, gegen den linken Flügel seiner Partei, überhaupt verurteilte Asylbewerber abschieben? Wie hält er es mit der EU und deren immer sichtbarer werdenden Auflösungserscheinungen in osteuropäischen Mitgliedsländern infolge der Merkel’schen EU-Spaltungspolitik (laut Sigmar Gabriel)? Immerhin hatte Schulz den Polen, noch als EU-Parlamentspräsident, schon ziemlich unverblümt die EU-Zuschüsse von jährlich 17 Milliarden Euro in Frage gestellt, sollten diese nicht im Sinne der EU spuren.

Wie steht Schulz zur Polarisierung in unserem Volk durch die Flüchtlingspolitik? Immerhin ist es solange noch nicht her, als er in seiner im Sommer 2016 erfolgten Heidelberger Hochschulrede „Heimat, Flucht und Identität“ Flüchtlinge mit „wertvoller als Gold“ bezeichnete. Ist Schulz als Kanzlerkandidat bzw. als potenzieller Kanzler bereit, den deutschen Wehretat, wie durch alle NATO-Partner vereinbart, auf 2% vom deutschen Bruttoinlandsprodukt aufzustocken. Dies wären dann auf heutiger Basis mindestens zusätzliche 25 Milliarden Euro jährlich mehr, die Deutschland in den Haushalt einstellen müsste. Dies muss man den Bürgern sagen! Wie hält er es mit dem neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump, ohne dessen Flankenschutz man schlicht Deutschland und die europäischen NATO-Partner (ohne Großbritannien) vergessen kann? Wie will er mit dem US-Präsidenten, den führende Sozialdemokraten wie der künftige Bundespräsident Steinmeier und Noch-SPD-Chef Gabriel auch persönlich beleidigten, zusammenarbeiten?

Wie sieht seine geplante Russland-Politik aus? Immerhin war Schulz ja auch beim Fehler des Anwerbens der Ukraine für die EU, und damit für die folgende Destabilisierung des Landes, nicht unwesentlich beteiligt. Wie sieht Schulz die deutsche Rolle bei dem sicher wieder bald auftretenden Finanzbedarf der Griechen? Soll Deutschland wieder Zahlmeister sein? Was geschieht, wenn unser südlicher Nachbar Italien, immerhin nach dem Ausscheiden der Briten aus der EU die drittgrößte Volkswirtschaft der verbleibenden EU-Länder, evtl. die Euro-Zone verlässt? Auf diese wichtigen Fragen, die Deutschland als Hauptzahler der EU tangieren, muss der Kanzlerkandidat Schulz Antworten parat haben.

Armes bürgerliches Lager

Aber auch die Unionsparteien geben derzeit ein Bild des Jammers ab. Offensichtlich ist vor allem die CDU weder willig noch fähig, wieder die Partei der bürgerlichen Mitte zu werden. Es war eine Katastrophe für unser Land, dass Deutschland ab den Ereignissen im Herbst 2015 keine parlamentarische Opposition mehr hatte. Auch die CSU hatte unter Seehofer außer verbalen Kraftmeiereien in den Bereichen Flüchtlings- und Sicherheitspolitik nicht wirklich eine klare Lösung anzubieten. Die durch Seehofer erfolgte CSU-Ankündigung, ohne Obergrenze würde die CSU einen gemeinsamen Auftritt in der Bundestagswahl nicht mittragen, blieb, wie wir jetzt wissen, ein Muster ohne Wert. Also müssen die langjährigen treuen Unionswähler durch ihr Wahlverhalten die Unionsparteien zwingen, wieder ihr Profil als Partei der Mitte zu schärfen. Dies kann nur durch ein Absplitten der noch vorhandenen bürgerlichen Kräfte zum Zweck der Gründung einer neuen bürgerlichen Partei geschehen, damit frühere Stammwähler(innen) der Union wieder eine politische Heimat haben. Insbesondere die jetzige CDU ist schon lange keine konservative Partei der Mitte, mit der Betonung ihres christlichen Namens, mehr. Die CDU wird, knüpft sie an ihr früheres Profil nicht an, das gleiche Schicksal erleiden, wie ihre frühere Schwesterpartei in Italien, die Democrazia Cristiana (DC).

Auch die Alternative FDP ist leider keine Option, weil außer einem Wischiwaschi (man lese nur das Programm) FDP-Chef Lindner keine realistische Option zur Flüchtlingskrise und Sicherheitspolitik anzubieten hat. Die Aussage, wer keinen Anspruch auf Asyl hat, muss wieder zurückgeschickt werden, ist leider realitätsfremd, d.h. es geschieht nichts. Wer echt Asyl benötigt, soll Hilfe bekommen. Dazu gehören aber nicht Zuwanderer aus rein wirtschaftlichen Motiven. Die FDP muss klarer werden. Sie ist und bleibt eine Klientelpartei.

Bisher jedenfalls haben Unternehmen Zuwanderer auch nicht ansatzweise nennenswert eingestellt. Verständlich, weil kein Bedarf vorhanden ist. Alle Parteien weichen den Fragen der demografischen Entwicklung und der künftig noch zur Verfügung stehenden Anzahl der Arbeitsplätze in Deutschland infolge der Digitalisierung aus. Über die demografischen Probleme und die Digitalisierung reden sie viel – aber nicht über die Folgen etwa für einfache Arbeitsverhältnisse. Den Bürgern wird immer eingeredet, wir bräuchten aufgrund der demografischen Entwicklung Zuwanderer – wo aber sollen diese konkret in den Firmen beschäftigt werden? Darüber schweigen sich alle aus. Man verführt die Menschen zur Zuwanderung, kann ihnen aber keine berufliche Perspektive bieten. Deutschland braucht künftig durch die Digitalisierung weniger Hilfskräfte. Millionen Arbeitsverhältnisse werden bald nicht mehr gebraucht (siehe den nachstehenden Artikel – ebenfalls „Der WirtschaftsReport“).

 

Die Aussagen des o.a. verlinkten Beitrages zum demografischen Wandel basieren auf seriösen Studien der Oxford-Wissenschaftler Frey und Osborne, einer Überarbeitung des ZEW-Institutes in Mannheim und des Economic Research vom internationalen Finanzriesen ING-Group.

Letzte Änderung am Freitag, 02 Juni 2017 11:00
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag