Marietta Slomka war geradezu vor Begeisterung aus dem Häuschen. Örtliche Korrespondenten genügten offenbar nicht. Slomka meldete sich live aus Washington. Die Wahlkampffloskel „Yes we can“ und das Ziel der Amtseinführung machte selbst besonnene Journalisten freudetrunken. „Yes we can“ – was ist nach 8 Jahren Obama daraus geworden? Zusammengefasst und offen formuliert nicht viel – mehr Schatten als Licht, wie die Bilanz zeigt.
Aber so schnell geben die deutschen Medienfans nicht auf. Ausreden müssen her. Obama – so die Begründung für die durchwachsene Amtszeit – hätte halt 2009 ein schlimmes Erbe von seinem Vorgänger George W. Bush übernommen. Abgesehen davon, dass man dies in den USA ganz anders sieht (wie hätte wohl Obama reagiert, wenn er, wie sein Vorgänger bereits im ersten Jahr der Präsidentschaft, mit den Terroranschlägen von 11. September 2001 konfrontiert worden wäre), sind heute Verweise auf das Bush-Erbe schlicht Unsinn. Obama hatte zwei Wahlperioden Zeit, um sein „Yes we can“ umzusetzen.
Staatsverschuldung verdoppelt
Innenpolitisch ist die Polarisierung zwischen Schwarz und Weiß in den USA größer denn je. Trotz einiger Reformen konnte Obama da keine Duftmarken setzen. Die Finanzen bzw. die Staatsverschuldung der USA haben sich unter Obama verdoppelt, von 10 Billionen auf 20 Billionen US-Dollar. Auch diese Entwicklung kann mit der Finanzkrise allein nicht entschuldigt werden, zumal die US-Unternehmen ja durchaus wieder gut positioniert sind. Nie zuvor drifteten arme und wohlhabende Amerikaner weiter auseinander. Gewiss entstanden viele neue Arbeitsplätze. Aber diese erfreuliche Entwicklung hängt mit anderen Einflussgrößen zusammen. Insbesondere die billigen Energiekosten – durch die konventionelle Förderung von Schiefergas – verschafften den Vereinigten Staaten Standortvorteile. Industrielle Gaspreise sind in Europa dreimal und die Strompreise doppelt so hoch wie in den USA. Die Merkel’sche Energiewende lässt grüßen …
Was hat Obama außenpolitisch bewirkt? Ein Beispiel spricht Bände. Das Verhältnis der Vereinigten Staaten zu Israel war noch nie so schlecht wie unter Obama. Und dies bei Beziehungen, die traditionell immer besonders eng waren. Das stark angekratzte Verhältnis hat auch viel mit der Destabilisierung Nordafrikas zu tun: Die USA ließen unter Obama ihren langjährigen Freund, den ehemaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak 2011 – wie 1979 auch den Schah im Iran - fallen. Es war eine politische Katastrophe. Mubarak war für Israel ein berechenbarer Partner im Nahen Osten und in Nordafrika.
Chaos Nahostpolitik und Abhöraffäre
Das ganze Chaos der heutigen Nahostpolitik hat seinen Ausgang in der Destabilisierung seit den 2011 einsetzenden Unruhen in Tunesien und Libyen. Die Unruhen schwappten dann nach Syrien über. Obama muss es sich auch ganz wesentlich anrechnen lassen, dass das Verhältnis zu Russland seit dem Zusammenbruch der alten Sowjetunion noch nie so schlecht war als heute. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass die US-Administration unter Obama die Ukraine unbedingt in den amerikanischen Einflussbereich bringen wollte. Dies alles führte letztendlich zu dem angespannten Verhältnis mit Russland, das inzwischen fast schon wieder Züge eines „Kalten Krieges“ angenommen hat.
Ärger gab es aber auch unter Obama durch angebliche Abhörpraktiken amerikanischer Geheimdienste bei verbündeten bzw. befreundeten Regierungschefs. „Ausspähen unter Freunden geht gar nicht“, sagte die Bundeskanzlerin. Alles in allem ist die Präsidentschaft des Barack Obama „unter ferner liefen“ abzuhaken. Der Erwartungshorizont war am 20. Januar 2009 viel zu hoch. Auf der Habenseite ist allerdings das Verhältnis zu Kuba – möglicherweise auch zum Iran - zu registrieren.
Demnächst wählen die Amerikaner einen neuen Präsidenten oder erstmals eine Präsidentin. Wer auch immer neuer Hausherr im Weißen Haus wird – dies kann den Europäern und insbesondere den Deutschen nicht gleichgültig sein. Das Amt des Präsidenten der USA (Staatsoberhaupt und gleichzeitig Regierungschef) ist mit einer großen Machtfülle verbunden. Zentrale Sicherheitsfragen sind untrennbar mit den Vereinigten Staaten verbunden. Es könnte für die Europäer in vielen Fragen eng werden, deshalb muss schleunigst das Bündnis mit dem Vereinigten Königreich auch nach dem Brexit normalisiert werden.