Die Landwirtschaft kann heute noch die Menschen gut ernähren. Wären die logistischen Probleme gelöst, könnte das Hungerproblem sogar weltweit bewältigt werden. Hunger müsste also derzeit insbesondere auf der südlichen Halbkugel nicht sein. Mit vielen gutgemeinten Rezepten wird der Hunger bereits bekämpft – aber offensichtlich reichen diese nicht aus. Sonst würden ja 795 Millionen Menschen derzeit nicht hungern. Immerhin – und dies ist die gute Botschaft – ist seit 1990 bis 2015 (also in 25 Jahren) die Anzahl der chronisch Hungernden trotz einer gestiegenen Weltbevölkerung um rund 210 Millionen gesunken. Doch ist es noch ein weiter und mühevoller Weg, um die Hungerprobleme bis zum Jahr 2030 auf null zu stellen. Dies ist jedenfalls die zentrale Forderung der UN-Agenda 2030.
Jährlich wächst die Weltbevölkerung um 80 Millionen Menschen an
Vieles wurde also schon positiv bei der Hungerbekämpfung erreicht. Indessen – es reicht nicht. Resignieren? Nein – aber es muss weltweit ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit der Bekämpfung des Hungers erreicht werden. Da gibt es noch viel zu tun. Denn die Sicherung der Welternährung ist angesichts einer dramatisch ansteigenden Weltbevölkerung kein Selbstläufer. Jedes Jahr wächst die Anzahl der Weltbevölkerung um 80 Millionen Menschen an.
Woran liegt dies und wie soll eine der größten Herausforderungen, nämlich eine ständig jährlich ansteigende Anzahl von Menschen zu ernähren, gelingen? In wenigen Jahrzehnten, nämlich 2050, werden 10 Milliarden Menschen die Erde bevölkern. Wird dann die Schere, einerseits die Gesättigten, andererseits die Hungernden, doch wieder weiter auseinanderklaffen? Denn eine stark anwachsende Weltbevölkerung braucht gerade in den Entwicklungsländern Wohn-, Gewerbe- und Verkehrsflächen. Die Menschen wollen eine Teilhabe an den modernen Entwicklungen. Dadurch stehen für die Landwirtschaft immer weniger Anbauflächen zur Verfügung. Leider werden viele landwirtschaftliche Flächen auch zweckentfremdet.
Unser tägliches Brot gib uns heute: Insbesondere für die Kirchen in den wohlhabenden Industrieländern ist der Hunger kein gegebenes Schicksal. Hunger, so die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), sei das Produkt von Politik und Marktversagen. Dies ist richtig – aber schon wieder viele Lösungsansätze der Hungerbekämpfung sind leider ideologisch geprägt und – man muss es leider sagen – oft weltfremd. Wirtschaftswachstum, so eine EKD-Studie, könne Ernährungsprobleme verschärfen, aber ohne Wirtschaftswachstum können „reiche Länder“ nicht die finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen, mit denen den Menschen auf der südlichen Halbkugel geholfen werden kann. Die oft geforderte Förderung von Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern, mit der es ja leider allein nicht getan ist, muss ja in starken Volkswirtschaften erwirtschaftet werden.
Ernährungssicherung eignet sich nicht für Ideologien
Ernährungsfragen müssen endlich auch aus dem Reizumfeld des Themas Gen- und Biotechnik genommen werden. Diese Fragen werden insbesondere in Deutschland zu plakativ gesehen. Die Sicherstellung der Ernährung ist eigentlich kein Thema der Nichtregierungsorganisationen für Glaubenskriege, ob die Gen- bzw. Biotechnik Segen oder Fluch ist. Wir brauchen z.B. künftig für die weltweite Ernährung tatsächlich ertragreichere Maissorten. Auch die in westlichen Ländern immer wieder geforderte Reduzierung des Fleischkonsums hilft nur partiell. Dies gilt auch für die Vergeudung und Verschwendung von Lebensmittel in unseren hochentwickelten Ländern.
Die grundsätzlichen Lösungsansätze in der Hungerbekämpfung sind viel komplizierter. So haben viele Entwicklungsländer ihre nationale Agrarpolitik nach ihrer erlangten Souveränität über Jahrzehnte vernachlässigt. Interventionen aus dem Ausland haben sie sich verbeten. Und leider fehlt es auch an der fehlenden Bereitschaft vieler afrikanischer Regierungen, die Probleme der Versorgung ihrer Bürger mit Nahrung tatkräftig anzugehen. Durch Korruption wurden und werden enorme Finanzmittel der Geberländer in nicht gewünschte Kanäle gelenkt. Mehr als die Hälfte aller kämpferischen Auseinandersetzungen finden andererseits weltweit in Afrika statt. Afrikanische Länder sind nach wie vor als Schauplatz von Konflikten im Gespräch. Auch der jetzt neue „Welthunger-Index“ weist darauf hin, dass Bürgerkriege in der Zentralafrikanischen Republik viele Bemühungen in der Hungerbekämpfung fast unmöglich machen. Dies gilt auch für den Tschad. Wurden diese Länder aus politischen Gründen destabilisiert? Fragen über Fragen.
Unser tägliches Brot gibt uns heute! Ja, dies ist möglich, wenn die so oft erwähnten Kleinbauern in militärisch konfliktbefreiten Gebieten ihrer Landwirtschaft nachgehen und somit Beiträge für die Ernährung leisten könnten. Oft können sie dies nicht, wenn das Leben nicht gefährdet werden soll. Es ist ein Drama, dass in vielen Fällen der afrikanischen Konflikte den Geberländern die Hände gebunden sind. Dies entbindet die nördliche Halbkugel freilich nicht von ihrer Verantwortung für Menschen in der südlichen Hemisphäre. Leicht ist dies aber alles nicht.