In einem dramatischen Video hat sich VW-Konzernchef Martin Winterkorn als Chef entschuldigt. Dies aber ist wohl auch selbstverständlich und das Mindeste, was man erwarten kann. Aber die theatralische Entschuldigung und Ankündigung der schonungslosen Aufklärung (das übliche Gerede, das man auch von der Politik kennt) genügt nicht. Denn auch das Geradestehen von VW gegenüber den Kunden und der Öffentlichkeit ist wohl selbstverständlich. Martin Winterkorn muss die Verantwortung auch persönlich übernehmen. Er ist der bestbezahlte deutsche Manager. Seine hohe Vergütung wurde immer damit begründet, dass nur eine falsche Entscheidung für VW fatale Folgen haben würde.
Wo war das technische Controlling im VW-Konzern?
Natürlich hat Winterkorn, dies sei ihm abgenommen, die Manipulationen nicht veranlasst. Dies wäre ja auch kriminell! Aber irgendwer muss ja schließlich die Manipuliererei angeordnet haben. Wo waren da die internen Kontroll-Mechanismen? Es soll ja schließlich nicht nur ein wirtschaftliches „Controlling“ geben. Warum hat Winterkorn keine offensichtlich wirksamen Sicherungen eingezogen? Was ist vom technischen Berichtswesen des Konzerns zu halten? Ein Vorstandschef wird auch dafür bezahlt, die richtigen und leistungsfähigen Top-Mitarbeiter in den Stäben zu installieren. Die richtigen Top-Leute auszusuchen – dies gehört zu den wichtigsten und vornehmsten Aufgaben eines Vorstandsvorsitzenden.
Wo waren die und gibt es diese überhaupt bei VW? Hofschranzen, ohne Mumm, die voller Angst nach dem Munde ihres Vorstandschefs reden und berichten, sind ihr Gehalt nicht wert! Winterkorn als Chef muss an der obersten Spitze nur entscheiden und die Verantwortung übernehmen. Aber dies ist eine verdammt hohe Verantwortung. Deshalb muss er vorher ein funktionierendes Berichtswesen installieren. Es genügt nicht, dass ein Martin Winterkorn publicitywirksam bei neuen Modellen die Autotüren zuknallt um festzustellen, dass nichts „scheppert“!
Ein Sorry, mein Name ist Hase – ich weiß von nichts: So einfach kann es sich Winterkorn jetzt nicht machen. Dafür ist die Verantwortung für 600.000 Mitarbeiter zu groß. Ein seriöser deutscher Bundeskanzler trat einmal zurück, weil in seinem direkten Umfeld ein Spion der Stasi arbeitete: Es war für den anständigen Willy Brandt selbstverständlich, die Verantwortung zu übernehmen, obwohl der Kanzler damals keine persönliche Schuld trug.
Es ist ja jetzt bei Winterkorn nicht das erste Mal, wo er – diplomatisch gesprochen – seltsam reagiert und menschlich versagt. Er war schon unglaublich dickköpfig, als er es im Frühjahr 2014 auf eine Machtprobe mit dem „Denkmal“ und langjährigen Aufsichtsratschef und Vertreter der Aktienmehrheit, Ferdinand Piech, ankommen ließ. Als Piech als maßgebender Aktionär und Vertreter der Porsche Holding, bei der die Familien Piech und Porsche ihre VW-Mehrheit von knapp über 50% bündeln, ihm das Vertrauen entzog, dann hätte er von sich aus bei VW seinen Hut nehmen müssen. Schon im Frühjahr galt: Es kann doch nicht normal für VW sein, dass ein Vorstandschef die Ursache dafür ist, dass die Familien des Mehrheitseigners an VW, die Porsche Holding, auseinanderbrechen? Diese Gefahr drohte. Es war übrigens unglaublich, dass auch Niedersachsens Ministerpräsident als Vertreter des Miteigners Niedersachsen diese Gefahr nicht erkannte. Spätestens als Ferdinand Piech dem Konzernchef das Vertrauen entzog, hätte Winterkorn als Vorstandschef zurücktreten müssen. Manchmal regeln sich Dinge auf andere Art und Weise.