Doch muss überhaupt Kaiser’s Tengelmann, sollte das Unternehmen von wem auch immer nicht übernommen werden, zerschlagen werden, wie aus der Tengelmann-Gruppe immer wieder zu vernehmen ist? Nach allem was durchsickerte, schreibt der Teilbereich Kaiser’s Tengelmann seit Jahren Verlust. Allein in diesem Jahr vermutlich wieder 90 Millionen. Insofern liegt es klar auf der Hand, dass etwas geschehen muss. Offensichtlich ist der Druck inzwischen so groß, dass man bei der Gruppenzentrale, der Tengelmann Gruppe, nicht mehr länger auf die Eilentscheidung des Bundesgerichtshofes am 15. November 2016 warten will. Die Karlsruher werden entscheiden, ob der Stopp der Ministererlaubnis durch das Oberlandesgericht Düsseldorf Bestand haben wird.
Kaisers‘ Tengelmann nur ein kleines Glied
Soweit so gut oder eben nicht gut! Zunächst einmal müssen die Größenordnungen gesehen werden. Kaiser’s Tengelmann ist mit einem Umsatz von ca. 2 Millionen Euro nur eine, und zwar eine relativ kleine, Aktivität der gesamten Tengelmann Gruppe, die in ihrer Bilanzpressekonferenz vom 7. Juli 2016 über das 149. Geschäftsjahr des traditionsreichen Handelsunternehmens von einer „positiven Bilanz“ spricht. Die eigentliche engere Tengelmann-Gruppe weist einen Konzernumsatz von 8,24 Milliarden Euro aus. Gewinnzahlen meldet die Familienfirma nicht. Dazu ist sie zwar nicht verpflichtet, aber es gibt große Konzerne, Voith oder Freudenberg, die auf ihren Bilanzpressekonferenzen Geschäftsberichte präsentieren, die sich in ihrer Transparenz gegenüber DAX-Werten nicht verstecken brauchen. Es geht also auch anders, wenn man die gesellschaftspolitische Verantwortung ernst nimmt.
Riesige Gesamtgruppe
Zur gesamten Gruppe gehören im In- und Ausland zahlreiche Aktivitäten außerhalb des Lebensmittelgeschäftes, etwa die OBI-Märkte, die Textilkette KiK oder der Billig-Discounter TEDi nach dem Prinzip der Ein-Euro-Läden und schließlich die Netto-Märkte. Zu den Kernaktivitäten gehört auch der Online-Verkäufer (u.a. Schuhe) Zalando. Doch die Kerngruppe mit dem erwähnten Umsatz von 8,24 Milliarden Euro ist längst nicht alles. Mit 77 weiteren Beteiligungen (z.B. in den Bereichen Immobilien und Venture Capital), erzielt die gesamte Tengelmann Gruppe nach eigenen Aussagen einen Umsatz von 27 Milliarden Euro und beschäftigt 210.000 Mitarbeiter(innen). Allein die Beteiligungsquote bei den OBI-Märkten beträgt fast 75%.
Diese Zahlen relativieren die Ergebnisse der Kaiser’s Tengelmann Läden. Es ist richtig, offensichtlich hat die gesamte Gruppe die miesen Ergebnisse bei Kaiser’s Tengelmann seit Jahren quersubventioniert. Auf die Dauer geht das nicht. Aber es ist auch nicht so, dass Tengelmann insgesamt am Stock ginge. Im Gegenteil. Zu fragen ist, weshalb eine insgesamt gesunde Gruppe mit einem Umsatz von 27 Milliarden Euro nicht in der Lage war oder ist, einen dahinschlingernden Teilbereich zu ordnen. Da wurden offenbar viele Managementfehler begangen. Und schließlich müsste viel stärker hinterfragt werden, warum um alles in der Welt die Alternative Rewe nicht verfolgt werden soll. Sturheiten müssen nicht auf dem Rücken der 16.000 Kaisers’s Tengelmann Beschäftigten ausgetragen werden. Karl-Erivan Haub, Chef und Inhaber der riesigen gesamten Tengelmann-Gruppe, hat einen guten Ruf. Gerade deshalb muss er sich kritische Fragen gefallen lassen.