Ein weiterer Brennpunkt für Unabhängigkeitsbestrebungen ist die Insel Korsika, die zu Frankreich gehört. Ja selbst in Kalifornien gewinnen Stimmen Gehör, die sich für mehr Autonomierechte des größten US-Staates einsetzen. Auch Deutschland ist keine Insel der Seligen: Auffallend oft ist in Bayern zu vernehmen, dass man eigentlich ein ganz starkes eigenständiges Land sein könne. Zu erinnern ist an das Buch des CSU-Granden Wilfried Scharnagl mit dem Titel „Bayern kann es auch allein – Plädoyer für den eigenen Staat“. Vergessen scheint auch, dass selbst das wohlhabende Kanada bereits schon zweimal – 1980 und 1995 – bangen musste, die Provinz Quebec zu verlieren. Hier haben sich jedoch die Gegner der Abspaltung durchgesetzt.
Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob Separatisten einen eigenen Staat wollen (wie jetzt Alex Salmond als Führer der Unabhängigkeitskampagne in Schottland) oder ob sich Bürger – wie aktuell in der Ostukraine – einem anderen Staat, nämlich Russland, anschließen wollen, weil sie im bisherigen Staatsverbund der Ukraine sprachlich und kulturell eine Minderheit sind. Dies ist ein großer Unterschied zu Schottland. Salmond und seine Mitstreiter wollen einen eigenen unabhängigen Staat Schottland.
Ob mehrheitlich die Schotten dies mitmachen, darf bezweifelt werden. Denn es müssen auch gewachsene und bewährte historische Strukturen über einen langen Zeitraum nüchtern gesehen werden. Grundsätzlich können verschiedene Separatismusbestrebungen nicht über einen Kamm geschert werden. Was in dem einen Fall durchaus plausibel sein kann, kann keine Schablone für andere Beispiele, etwa in Schottland, sein.
Schottland hätte es schwer
Wenn auch die Schotten – wie die Bayern in Deutschland – ihre eigene Charakteristik betonen, so sind sie doch zu stark mit dem gesamten Vereinigten Königreich verwoben und verbandelt. 307 gemeinsame Jahre, die gleiche Sprache (dies ist der Unterschied etwa zu den Katalanen in Spanien oder im Osten der Ukraine, wo die Menschen nicht die Amtssprache ihres Hoheitsgebietes sprechen), natürlich auch die gemeinsame geographische Struktur einer Insel, schließlich die gemeinsame Verankerung im Commonwealth. Ganz zu schweigen von den gewachsenen wirtschaftlichen Verbindungen und Außenhandelsstrukturen. Auch militärstrategisch wäre Schottland als eigener Staat auf Hilfe angewiesen. Wie schnell sich neue Bedrohungsbilder entwickeln können, sehen wir derzeit in verschiedenen Räumen unserer Erde mit völlig neuen Szenarien des Terrors.
Bei allen Eigenheiten der Stämme im Vereinigten Königreich – Engländer, Schotten, Nordiren und Waliser – sind sie doch gemeinsam auch Briten, die doch zu stark untereinander über die Familien verbunden sind. Schotten leben beispielsweise in England und haben dort Familien gegründet und Engländer umgekehrt in Schottland. Sie würden jeweils bei einer Unabhängigkeit Schottlands wechselseitig Ausländer(innen). Auch deshalb werden wohl die Befürworter der Unabhängigkeit vermutlich keinen Erfolg haben. Ein Blick auf die Landkarte genügt, um zu erkennen, dass das Vereinigte Königreich zusammengehört. Es spricht übrigens für den liberalen Geist der Zentrale in London, dass nicht versucht wurde, das Referendum zu verhindern. Dies ist in Spanien im Falle Katalonien anders. Separatismus kann den inneren Frieden gefährden. Diese Befürchtung muss man in Spanien haben, wenn die Katalanen einseitig ihre Unabhängigkeit erklären. Im Umfeld der EU sollte die Kleinstaaterei der Vergangenheit angehören. Leider erkennen dies bestimmte Leute nicht an, die vielleicht aus persönlicher Eitelkeit – Beispiel Alex Salmond in Schottland – einen höheren Posten als Premierminister eines unabhängigen Staates anstreben.