Weshalb muss im Zusammenhang mit den Planungen für die 3. Start- und Landebahn in München eine wahlpolitische Herleitung zu den Wahlen 2008 vorgenommen werden? Die CSU befand sich damals in einem Führungsdesaster, nachdem Stoiber mehr oder minder parteiintern als erneuter Kandidat für den Posten eines Ministerpräsidenten „gegangen“ wurde. Aber dieses Desaster war es nicht allein. Die finanzielle Katastrophe der einst stolzen BayernLB und der Wahnsinn eines Transrapid auf einer geplanten Strecke zwischen dem Hauptbahnhof in München und dem Flughafen im Erdinger Moos kamen hinzu und verscheuchten brave CSU-Wähler in Scharen. Der Transrapid an sich ist auch heute noch ein vernünftiges Verkehrskonzept für die Vernetzung europäischer Metropolen, etwa zwischen Hamburg und Prag via Dresden. Aber dies war politisch nicht durchsetzbar und dann kam man auf die Schnapsidee für eine Kurzstrecke zum Flughafen in München. Die Schnapsidee hat nicht wenige CSU-Wählerstimmen gekostet, sowohl in München als auch im nördlichen Umland der Stadt.
Airports sind Jobmaschinen
Jetzt steht Bayern vor einer ähnlichen Entwicklung der Verärgerung auch treuer CSU-Wähler durch die vorgesehene 3. Start- und Landebahn. Im tiefschwarzen Erdinger Moos trat jetzt ein CSU-Ortsverband mit seinen Repräsentanten aus der CSU aus. Um einer Legendenbildung vorzubeugen: Die Luftfahrt als ein bedeutender Teil der Mobilität ist ein enorm wichtiger Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor. Airports sind Jobmaschinen, wenn das Umfeld stimmt. In Hamburg ist der Flugzeugbauer EADS (Airbus) der wichtigste industrielle Arbeitgeber. Eine gute Infrastruktur, dies an die Adresse der notorischen Verweigerer, sichert die Exportstärke Deutschlands. Daran muss allen gelegen sein. Grundsätzlich ist daher – so er notwendig ist – der Ausbau von MUC II über eine 3. Start- und Landebahn nicht generell abzulehnen. MUC II ist durchaus auch eine Erfolgsstory, doch kann der bayerischen Wirtschaft daran gelegen sein, wegen einer Einzelmaßnahme eine langfristig planbare wirtschaftsfreundliche Regierung zu gefährden, wenn es gute Alternativen für die 3. Start- und Landebahn gibt?
Man hat in München den Eindruck, dass beim Ausbau über eine 3. Start- und Landebahn viel Prestige und Ehrgeiz im Spiel ist. München kann aber das mit Abstand führende Frankfurt als deutscher Weltflughafen Nummer 1 nie und nimmer einholen, im Frachtverkehr schon überhaupt nicht. Da liegen zwischen Frankfurt und München gar mehrere Welten! Auch sind in München nicht so sehr die Passagierzahlen entscheidend; viel wichtiger ist die Frage der Struktur der Passagiere. In München dominiert durch die starke Position auch als Abflughafen von Urlaubstouristen aus den österreichischen Bundesländern Tirol, Salzburg und Oberösterreich ganz eindeutig der Urlaubsverkehr. Ist der bereits heute geplagten Bevölkerung im Erdinger Moos und der benachbarten Universitäts- und Bischofsstadt Freising eine weitere Belastung vermittelbar? Der populäre Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, sagt nein und will Grundstücke, die der Kirche gehören, wegen einer 3. Start- und Landebahn auf keinen Fall verkaufen. Will man den Erzbischof und Kardinal als Repräsentanten der katholischen Kirche enteignen?
Es gibt eine gute Alternative
Erstaunlicherweise ist als eine Variante der Vernunft das Andocken des leistungsfähigen zweiten bayerischen Airports, Nürnberg, an München bisher noch nicht in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Nürnberg und München liegen nach dem Ausbau der ICE-Strecke gerade einmal 60 Fahrminuten voneinander entfernt; die Fahrtdauer zwischen dem Münchener Hauptbahnhof und dem Airport im Moos dauert aber zwischen 39 und 44 Minuten. Da andererseits in Nürnberg im Gegensatz zu München eine perfekte Anbindung durch die U-Bahn zwischen dem Hauptbahnhof und dem Airport vorhanden ist, wird der Nürnberger Flughafen, lediglich 7 km von der Innenstadt entfernt, in ca. 10 Minuten erreicht. Damit erreichen die Fluggäste vom Ausgangspunkt Hauptbahnhof München den Nürnberger Airport über ICE und Nürnberger U-Bahn in 75 Minuten. Da in Nürnberg die Wege und Abfertigungszeiten im Vorfeld wesentlich kürzer sind, beträgt die Mehrzeit über das „Andocken“ Nürnberg maximal 15 Minuten.
Der Nürnberger Flughafen hat auf absehbare Zeit starke Auslastungsprobleme und damit verbunden sind natürlich auch wirtschaftliche Schwierigkeiten. Jetzt soll der Airport mit 40 Millionen Euro, letztendlich zahlt dies der Steuerzahler, bezuschusst werden. Der Flughafen ist zu einseitig auf die Gesellschaft Air Berlin angewiesen, die ihrerseits nicht gerade auf Rosen gebettet ist. Nicht wenige munkeln, dass die Airline nach Eröffnung des neuen Berliner Flughafens einige Verbindungen nach Berlin ziehe. Wenn aber, wie in München das Airport-Management immer wieder betont, MUC II Kapazitätsprobleme hat und Nürnberg in der Umkehr über nicht ausgelastete Kapazitäten klagt, dann liegt es doch auf der Hand, dass man über eine Bündelung der Interessen nachdenkt. Wegen lediglich, wie oben dargestellt, einem Zeitverlust von 15 Minuten, ist den Passagieren ein Andocken über Nürnberg zuzumuten. Wegen einer Viertelstunde müssen die Bürger im Moos nicht noch stärker belastet werden.
Das Andocken von kleineren Flughäfen ist keineswegs neu. Im Hunsrück wurde der Flughafen Hahn, längst selbst erfolgreich, an Frankfurt/Main angedockt. Auf jeden Fall würde dieses Modell nicht nur in München das Streitpotenzial zum Thema 3. Start- und Landebahn „ad acta“ legen. Man könnte unnötige Ausgaben für eine 3. Start- und Landebahn sinnvoll für eine noch bessere Bahnvernetzung der beiden bayerischen Flughäfen, die flugtechnisch gesehen ja ohnehin engste Nachbarn sind, einsetzen. Alle Probleme wären gelöst, selbst die Bauwirtschaft hätte die erwünschten Bauaufträge. Die Menschen im Moos wären zufrieden, Nürnberg hätte weniger Sorgen um seinen Flughafen und die Infrastruktur würde sogar im Interesse der bayerischen Wirtschaft bayernweit sogar noch ausgebaut. Und sollte ein eitles Flughafen-Management in München immer noch Probleme haben: Was spricht gegen eine „Bayerische Flughafen-Gesellschaft“ mit den zwei Divisionen München und Nürnberg?
Bei Lichte besehen, würde sich bei einem Andocken das Thema 3. Start- und Landebahn erübrigen und alle wären glücklich und die CSU könnte wieder abdriftende Wählerstimmen einsammeln. Dies wäre es doch!