Zweifel sind aber angebracht, denn ausgerechnet im Autoland Baden-Württemberg – siehe auch unser Special April 2011 – will der neue Ministerpräsident weniger Autos produzieren. Der Unsinn dieser Aussage ist auch deshalb perfekt, weil sich der ehemalige Lehrer Kretschmann offenbar in der modernen Automobiltechnologie nicht auskennt. Der laut Kretschmann „pornografische“ Porsche ist beispielsweise als Panamera S Hybrid trotz seiner gewaltigen Leistung ein echtes Ökofahrzeug und auch ein riesiger Range Rover kommt, dank ZF-Technik aus dem „Ländle“, (ebenfalls in unserer April-Ausgabe 2011) auf einen Verbrauch in der Hybrid-Version von unter 4 Litern. Die Grünen müssen sich von ihrer Verbrämtheit gegenüber dem Auto, bei der immer wieder der Komplex und der Neid hervorsticht, lösen – auch und gerade im Autoland Baden-Württemberg, denn das Land verdankt seine Kraft dem Auto und seinem Umfeld.
Inzwischen hat sich zumindest die SPD eifrig bemüht, gut Wetter bei der baden-württembergischen Autoindustrie zu machen. Da muss man Nils Schmid loben. Aber „Zoff“ ist in seinem Finanz- und Wirtschaftsministerium programmiert, denn den Schlüsselbereich Energiewirtschaft und Energiepolitik musste Schmid an das Umweltministerium (Franz Untersteller von den Grünen) abgeben. Die Energiewirtschaft ist für die Gesamtwirtschaft eine Schlüsselbranche und eignet sich nicht zur Spielwiese. Bis 2020, so das Regierungsprogramm der neuen Landesregierung, sollen 10% der Energie aus Windkraft produziert werden. Dies mag sich für eine „ökologische Energiepolitik“ gut anhören, vergessen wird aber, dass das ambitionierte Ziel voraussetzt, jährlich mindestens 100 Windräder im „Ländle“ aufzustellen. Bitte wo? Einerseits verschandeln angeblich Strommasten, aber auch Pumpspeicherkraftwerke, die intakte Landschaft – aber Spargelstangen dürfen das nach Bayern auch touristisch wichtigste deutsche Bundesland Baden-Württemberg, etwa im Schwarzwald oder am Bodensee, in der Tat verschandeln. Es wird energiepolitisch gerade in Baden-Württemberg noch spannend werden, wenn einerseits die Atomkraftwerke abgeschaltet werden und andererseits die regenerative Wasserkraft behindert wird.
Gespannt darf man auch sein, wie es beim Projekt Stuttgart 21 weitergeht. Der neue Minister für Verkehr und Infrastruktur, Winfried Hermann, der zum fundamentalistischen Flügel der Grünen gezählt wird, setzt auf einen „Stresstest“, wie immer man diesen manipulieren will. Was heißt „Stresstest“ und wer bestimmt die Stressgrenze? Auch da – es wird spannend werden! Leider haben auch bürgerliche Kreise noch nicht erkannt, dass mit Stuttgart 21 auch ein Ausbau des Wirtschaftsstandortes Stuttgart im Wettbewerb um Investoren für Dienstleistungen verbunden ist. Während vergleichbare Landeshauptstädte wie Düsseldorf – zufällig in der gleichen Größenordnung – mit Großprojekten wie Kö-Bogen (mit dem Stararchitekten Daniel Libeskind) und der Wehrhahn-Linie den Standort als internationalen Vorzeigeort immer stärker ausbauen, dümpelt Stuttgart von der Infrastruktur, vom Erscheinungsbild und von der Wahrnehmung außerhalb der Stadt dahin und verliert an Attraktivität. Einerseits will der neue Minister für Infrastruktur „nicht ständig neue Straßen bauen“, aber der Ausbau der schienengebundenen Infrastruktur im Land soll es auch nicht sein. Es wird im „Ländle“ in der praktischen Regierungsverantwortung interessant werden – nun dann mal los …