Wenn ein Urgestein wie Koch die politische Kommandobrücke verlässt, kann nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden, denn Koch ist immerhin nach Kurt Beck (Rheinland-Pfalz) der dienstälteste deutsche Ministerpräsident. Seit 1999 steht er an der Spitze Hessens trotz aller auch persönlicher Anfeindungen, zuweilen auch unter der Gürtellinie. Was hat er alles überstanden? Die Spendenaffäre, den ihm angehängten Ruf als Hardliner, Auseinandersetzungen mit dem Zentralrat der Juden wegen der Forderung von Koch, das Jugendstrafrecht zu verschärfen, juristische Prüfungen des Staatsgerichtshofes zum Thema Studiengebühren und natürlich nach der Landtagswahl 2008 auch Andrea Ypsilanti, die unbedingt mit der Linken Ministerpräsidentin werden wollte. Es blieb, wie wir wissen, beim Versuch.
Koch war nie pflegeleicht und dies muss man ihm eigentlich hoch anrechnen. Eine einmal für richtig erkannte Position vertrat er auch gegenüber der vermeintlich populäreren anderen Volksmeinung. Es gibt aber auch ein spektakuläres Beispiel dafür, dass Koch sich sehr wohl für eine Ausgewogenheit der Stimmen einsetzte. Als die „Frankfurter Rundschau“ als eine der angesehenen, gleichwohl linksliberalen, Zeitungen vor sieben Jahren in eine böse Schieflage rutschte, war es ausgerechnet Koch, der sich für eine Staatsbürgschaft für das Blatt, das ja nicht dafür bekannt ist, CDU-freundlich zu sein, einsetzte. Diese liberale Größe von Koch haben damals nicht alle CDU-Mitglieder verstanden.
Auch den Ausbau der Jobmaschine Fraport, des mit großem Abstand größten deutschen Airport in Frankfurt, hat Koch vertreten und durchgesetzt. Überhaupt gehört Hessen zu den tragenden Ländern Deutschlands, auf eigentlich allen Gebieten. Hessen verfügt über eine hervorragende Infrastruktur und ist unangefochten mit Frankfurt das wichtigste Finanzzentrum Deutschlands. Warum wirft nun Koch hin? Gesundheitliche Probleme seien auszuschließen, sagte er heute auf der Pressekonferenz. Es ist ein offenes Geheimnis, dass sein Verhältnis zur Bundeskanzlerin nicht gerade euphorisch ist. Da befindet er sich übrigens in Übereinstimmung mit seinem „Nochkollegen“ Horst Seehofer, der als CSU-Chef und Ministerpräsident in Bayern mit seiner Kritik an Merkel nicht mehr zurückhält. Koch hat jetzt diplomatisch in der Öffentlichkeit keine Abrechnung mit der Bundeskanzlerin vorgenommen – doch dies kann noch kommen. Koch hat wohl gemerkt, dass das Ansehen der Bundespolitik immer mehr in der Bevölkerung verliert. Insofern ist seine Entscheidung des Verzichtes auf politische Ämter in der Tat ein Signal, auch gegen Berlin. Koch wollte wohl auch bundespolitisch mehr bewegen – aber er konnte sich gegen Merkel nicht durchsetzen. Vielleicht gibt es unter anderen Vorzeichen ein Comeback. Mit 52 Jahren ist man ja politisch noch jung.
Vielleicht werden wir demnächst Koch für eine Übergangszeit in einer verantwortlichen Funktion der Wirtschaft wieder sehen. Roland Koch dürfte noch für einige spannende Kapitel, so oder so, gut sein.