Wie der Corona-Lockdown selbst boomende Oberzentren gefährdet
Die oberbayerische Stadt Erding wurde in den letzten Jahrzehnten zu einer bundesweit bewunderten Boomtown! Die im „Speckgürtel“ der Stadt München gelegene ehemalige Herzogstadt, deren wichtigste Wirtschaftsfaktoren noch vor dreißig Jahren der inzwischen aufgegebene Fliegerhorst und die berühmte Erdinger Weißbierbrauerei waren, hat ihre Einwohneranzahl seit 1990 um fast Zweidrittel von 24.000 auf 39.000 steigern können. Erding, noch in den 1980er Jahren bundesweit lediglich als Brauerstadt bekannt, wurde zu einer der dynamischsten Städte Bayerns und völlig zu Recht vor wenigen Jahren zum Oberzentrum erhoben.
Flughafen – Amadeus – Therme – Bier
Mit der politischen Entscheidung des Freistaates Bayern, das direkt vor den Stadtgrenzen beginnende Erdinger Moos zum Standort des neuen Großflughafens Franz-Josef-Strauß zu machen, begann auch für Erding ein wirtschaftlicher Aufstieg, den zunächst niemand für möglich gehalten hätte. Deutschlands zweitgrößer Airport wurde neben Frankfurt zum wichtigsten internationalen Drehkreuz im deutschen Flugverkehr: 47,9 Millionen Passagiere landen oder starten von München mit 101 Fluggesellschaften; direkt und indirekt sind 35.000 Personen am Airport beschäftigt und unterstreichen somit den Stellenwert als ein zentraler Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor, der auch für die gesamte Region um Erding nicht mehr wegzudenken ist – auch wenn die Bürger dies zuweilen nicht verstehen wollen. Noch vor seiner 1992 erfolgten Eröffnung erfolgte bereits 1990 eine bedeutende Weichenstellung mit der Einweihung des riesigen Rechenzentrums Amadeus: der führende EDV-Dienstleister für die internationale Luftfahrt. Erding ist zusammen mit Madrid und Nizza eines der Amadeus-Zentren. Das Erdinger Rechenzentrum kann pro Sekunde (man muss sich einmal vorstellen) 55.000 Transaktionen verarbeiten. Inzwischen ist Amadeus ein bedeutender Gewerbesteuerzahler für Erding und gleichzeitig ein wichtiger Beschäftigungsfaktor für hochqualifizierte Informatiker.
Der dritte Quantensprung in der Stadt Erding war die 1999 erfolgte Eröffnung der inzwischen nach eigener Aussage weltgrößten Erdinger Therme mit den Bereichen Spa, Spaß und Freizeit, Restaurants und dem Hotel „Victory Therme Erding“, das der Freizeit- und Badelandschaft direkt angeschlossen ist. Die Therme, die insgesamt mit einer Investitionssumme von über 200 Millionen Euro ständig ausgebaut wurde und wird, ist Arbeitgeber für über 540 Beschäftigte, die jährlich 1,8 Millionen Gäste betreuen. Das Einzugsgebiet ist mit Süddeutschland (Bayern und Baden-Württemberg), Österreich und Südtirol (Italien) riesig; Gäste, die auch in der Stadt selbst Geld ausgeben. Ein Beispiel: Korrespondierend mit der Therme und dem Flughafen stiegen allein die Übernachtungszahlen in den zahlreich entstandenen Hotels von 100.000 (2002) auf über 515.000 im Jahr 2019. Ein Wirtschafts- und Investitionsfaktor ohnegleichen. Selbstverständlich spielt im Wirtschaftsleben der Stadt das Traditionsunternehmen Privatbrauerei Erdinger Weißbräu Werner Brombach nach wie vor eine wichtige Rolle. Der leidenschaftliche Brauer Werner Brombach, ein Urgestein der Stadt, ist mit seinem Erdinger Weißbier nach wie vor d e r Imageträger der Stadt, der den Namen Erdings selbst nach China trägt …
Mit dem Corona-Virus wurde in Erding alles anders
COVID-19, zunächst mit dem „Shutdown“, dem Herunterfahren der Wirtschaft, dann mit dem Beschränken der Freiheiten im öffentlichen Leben, Lockdown genannt, veränderte insbesondere auch in Erding fast alles. Die Wirtschaftsstruktur der Stadt beruht auf Säulen, die in normalen Zeiten „Selbstläufer des Erfolges“ sind, aber insbesondere in Krisensituationen sich als besonders anfällig erweisen. So ist z.B. der Wirtschaftsmotor und Jobmaschine MUC im Erdinger Moos von der nun schon seit Beginn der Corona-Krise anhaltenden Flaute im Flugverkehr in besonderer Weise betroffen, wie auch das Beispiel Lufthansa zeigt. Es wird oder es darf schlicht nicht mehr geflogen werden (zumindest nur noch drastisch eingeschränkt), wie das derzeitige traurige Erscheinungsbild am ansonsten lebhaften boomenden Drehkreuz MUC zeigt.
Das hat natürlich auch Auswirkungen auf Amadeus, denn wenn nicht mehr geflogen wird, erfolgen auch keine Flugbuchungen, die weitgehend über das Erdinger Rechenzentrum gesteuert werden. Das Ergebnis sind enorme Umsatzausfälle und darunter leidet wiederum das Erdinger Steueraufkommen (siehe oben) ganz erheblich. Und auch die Therme, in normalen Zeiten eine Cashcow, ist jetzt ohne Leben; kein Spaßfaktor, keine Übernachtungen, keine Umsätze. Selbst beim Bierabsatz zeigt die Corona-Pandemie ihre Krallen. Wie der Deutsche Brauer-Bund mitteilte, hatten im April die deutschen Brauereien ein Absatzminus von 17,1% gegenüber dem Vormonat zu verzeichnen. Besonders betroffen sind die Exporte in die EU-Länder mit einem Minus von 34,3%. Inwieweit Erdinger Weißbier, Marktführer im Weißbiersegment, betroffen ist, lässt sich noch nicht sagen, doch in Zeiten, in denen die Konsumenten Zukunftsängste haben, kaufen sie, so ein Branchenbeobachter gegenüber dem „WirtschaftsReport“, verstärkt billige No-Name-Biere. Erdinger Weißbier ist aber ein Premium-Bier mit einem hohen Qualitätsanspruch. Geselligkeit, und diese ist durch den Lockdown nicht mehr vorhanden, ist in der Gastronomie eingeschränkt. So liegen derzeit Erdings Wachstumsträger – erstens die Luftfahrt am MUC im Erdinger Moos, zweitens die Dienstleistungen von Amadeus und drittens die Therme – am Boden; der Bierabsatz ist selbst für eine Spitzenbrauerei wie Erdinger Weißbräu durch die Corona-Einschränkungen schwierig geworden. Erding hat halt keine Ernährungs-, Pharma- oder Desinfektionsmittelindustrie – Branchen, die sogar in Krisenzeiten zulegen. Deshalb muss besonders in Erding wieder Normalität einkehren.
Doch wird nach Corona in Erding wieder alles seinen gewohnten Verlauf nehmen? Dies ist zumindest in der für Erding so wichtigen Luftfahrt (Flughafen, Tourismus- und geschäftliche Inlandsflüge, Luftfahrt-Dienstleister Amadeus) nicht anzunehmen. Die Therme wird zwar wieder belebt – die Menschen wollen vielleicht den angestauten Frust durch die Lockdown-Behinderungen vergessen. Doch das Geld wird bei den Bürgern nicht mehr so locker sitzen, es werden in der Therme nicht mehr die großen „Pakete“ gebucht und die frühere Anzahl der Gäste wird wohl auf längere Sicht nicht wieder erreicht. Daher wird auch das Übernachtungsgeschäft in Erdings Hotels nur langsam zulegen.
Macht endlich Mut
Was ist zu tun? Die Regierungen (Bundesregierung und Landtagsregierungen) müssen den Bürgern in Deutschland wieder in erster Linie positive Perspektiven aufzeigen, denn Krisen haben immer auch mit Psychologie zu tun. Die Menschen haben Angst, wenn sie täglich im Fernsehen nur noch mit negativen Nachrichten (etwa theatralische Ankündigungen einer drohenden 2. Corona-Welle) in den Brennpunkten konfrontiert werden: eine unverantwortliche publizistische Hysterie ohne Beispiel, bei der nicht mehr die seriöse Information im Mittelpunkt steht, sondern die Gier nach der Sensation. Inzwischen streiten und widersprechen sich auch die seriösen Virologen: Die einen sagen es gibt eine 2. Welle, die anderen dementieren dies. Der Spitzen-Virologe Prof. Henrick Streeck, Chefvirologe an der Universität Bonn und Berater von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, gab inzwischen zu bedenken, dass zu viele Ängste geschürt wurden (Interview mit der „Rheinischen Post“). Na endlich, möchte man meinen. Folgt endlich dem Beispiel Japans, das die Krise hervorragend gemeistert hat und jetzt sogar aktuell alle Auflagen aufgehoben hat. Alle! In Deutschland geht hingegen das Durcheinander weiter und Opfer sind auch die Städte und Landkreise – siehe Erding! Ein Land befindet sich in Angst und fährt seine Wirtschaft an die Wand.
So kann dies aber mit der Wiederbelebung der Wirtschaft nichts werden. Die Menschen schließen aus Angst keine Kaufverträge (größere Anschaffungen) mehr ab. Auch in ganz normalen Alltagsgeschäften ist die Unsicherheit groß. Beispiel Gastronomie: Wer geht schon in ein Restaurant, wenn Auflagen wie das Angeben der persönlichen Handynummern und Adressen zwingend werden? Wer will sich schon so überwachen lassen? Auch in Corona-Zeiten sollte übrigens der Datenschutz gelten, wie auch schon erste Urteile feststellen. Wo bleibt die Atmosphäre, wenn die Gäste die Maske beim Aufsuchen der Toiletten anlegen müssen? Wir haben eine fast schon diskriminierende Maskenpflicht, obwohl die notwendigen medizinischen Schutzmasken der Norm FFP 2 in genügender Anzahl nicht vorhanden sind. 90% der jetzt in Deutschland getragenen Masken sind nach Meinung von Ärzte-Präsident Montgomery „irgendein Lappen vorm Gesicht“ und z.B. beim stundenlangen Anlegen eine Zumutung für das Kassenpersonal in den Supermärkten. Sie sind eher schädlich und lt. Montgomery „wissenschaftlicher Unsinn“, weil die Einfachmasken zu Sammelstellen von Viren im Stoff werden können. Einfachmasken werden in asiatischen Ländern in Smogzeiten temporär getragen, nicht als Virenschutz vom Schlage COVID-19. Wir müssen wieder zu realistischen Einschätzungen kommen, kein Verharmlosen, aber vor allem auch kein Alarmismus. Deshalb sind endlich vertrauensbildende Maßnahmen das Gebot der Stunde.
Wir haben bewusst das Beispiel Erding gewählt. In Erding und im Landkreis Erding stimmte bis zum Ausbruch der COVID-19 Erkrankungen eigentlich alles. Stadt und Landkreis wurden und werden gut geführt; die Stadt hat eine überdurchschnittlich hohe Lebensqualität: Leben und leben lassen oder Liberalitas Bavariae – halten wir daran fest auch und gerade in Zeiten von Corona. Regierungen müssen entscheiden – nicht Virologen, heute so, morgen so!