Das Herunterfahren der Wirtschaft und die Beschränkungen der Lebensgewohnheiten und Freiheiten seien richtig und notwendig, so die offiziellen deutschen Verlautbarungen. Dies bestätige die Richtigkeit der deutschen Strategie beim Kampf gegen das Corona-Virus im Vergleich mit dem Ausland. Doch hat Deutschland die Krise wirklich besser gemanagt, stimmt dies überhaupt? Nicht ganz, denn wichtige westlich orientierte Länder und Konkurrenten der deutschen Wirtschaft, beispielsweise die Hightech-Nationen Japan und Südkorea, haben gemessen an den Zahlen der Corona-Infizierten und der Anzahl von gemeldeten Todesfällen, eine wesentlich bessere Bilanz, im Vergleich mit Deutschland, aufzuweisen. Während viele deutsche Unternehmen und Branchen um das Überleben kämpfen, sind Japan und Südkorea inzwischen weitgehend zur Normalität zurückgekehrt. Auch China hat längst begonnen, seine Wirtschaft wieder hochzufahren.
Das mit 126,6 Millionen Einwohnern gegenüber Deutschland um ein Drittel größere Japan, nach den USA und China die gemessen am Bruttoinlandsprodukt drittgrößte Volkswirtschaft der Welt (z.B. mit Toyota, Hitachi, Panasonic, Sony, Honda, Mitsubishi, Toshiba u.a.), wurde – Stand 23. Mai 2020 – lediglich mit 16.536 Corona-Infizierten und 808 Todesfällen konfrontiert. Auch Südkorea für dessen wirtschaftliche Kompetenz so Weltplayer wie Samsung, Hyundai/Kia und Doosan stehen, hat bei einer Einwohneranzahl von 52 Millionen mit 11.165 Infizierten und 266 Todesfällen eine wesentlich bessere Corona Bilanz. Deutschland hingegen meldete bisher 179.713 Infizierte und 8.352 Todesfälle. Selbst die Türkei (gleiche Einwohneranzahl wie Deutschland) hat bisher lediglich 4.276 Infizierte. Schließlich hat auch Polen mit 38 Millionen Einwohnern bisher nur 990 Corona-Infizierte. Alle Zahlen Stand 23. Mai 2020. Also so berauschend, wie von der deutschen Politik dargestellt, ist die deutsche Corona-Erfolgsbilanz keineswegs. Doch dies ist nur die eine Seite. Immer deutlicher wird wohl, dass die Wirtschaft schleunigst wieder voll angefahren werden muss, wenn ein Super-Gau bei der Anzahl der verloren gehenden Arbeitsplätze – selbst wenn nur temporär – verhindert werden soll. Die noch vor kurzem so gescholtene Automobilwirtschaft inklusive der Zulieferer hat inzwischen enorme Absatzprobleme auch in Deutschland selbst, weil die Menschen Zukunftsängste haben. Dieses Thema hat die Politik viel zu lange seit Beginn der Corona-Krise ausgeblendet, sieht man einmal von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ab, die seit Wochen auf die auch indirekten Gefahren infolge einer am Boden liegenden Wirtschaft hinweisen.
Konjunkturpakete – Fördermaßnahmen - Steuersenkungen
Die anhaltende Unsicherheit, verbunden mit Kurzarbeit in zahlreichen Unternehmen, wirkt lähmend auf die Bereitschaft der Bevölkerung, Neuanschaffungen wie Fahrzeuge vorzunehmen. Ständige negative Nachrichten – Insolvenzgefahren bei der Lufthansa und ThyssenKrupp, drastische Einbrüche in der Automobilindustrie und in Norddeutschland die sinkende Auftragslage in der Werftindustrie – führen in Verbindung mit Hiobsbotschaften aus anderen Branchen zu einer depressiven Stimmungslage bei den Konsumenten. Notwendig sind Mut machende Perspektiven und die Umsetzung schnellwirkender Konjunkturpakete in Verbindung mit weiteren Fördermaßnahmen und Steuersenkungen. Doch schon wieder werden Überlegungen, etwa mit einer Autoprämie den Absatz anzukurbeln, mit autofeindlichen Diskussionen und Neiddebatten (Dividendenausschüttungen) überfrachtet. Interessanterweise hat selbst Ralph Brinkaus, immerhin Fraktionschef der Unionsparteien im Bundestag, z.B. Prämien für Autokäufe mit einem geradezu erschütternden Satz abgelehnt: „Da könnte man auch eine Abwrackprämie für Waschmaschinen fordern“, sagte er. Sprach hier der Ostwestfale, der an einen Haushaltsgerätehersteller aus seiner Nachbarschaft Gütersloh dachte? Dies ist nicht die Zeit, Branchen untereinander auszuspielen, völlig abgesehen davon, dass die Autoindustrie (inkl. Zulieferer) mit 830.000 Beschäftigten ein ganz anderes sozial- und beschäftigungspolitisches Gewicht hat.
Die Automobilindustrie ist zusammen mit dem Maschinen- und Anlagenbau ein Eckpfeiler der Wirtschaft, ein zentraler Arbeitgeber und eine Stütze der Exportindustrie. Während in Deutschland noch über Hilfsmaßnahmen für die Autoindustrie gestritten wird, sitzt etwa die mächtige Konkurrenz aus Japan und Südkorea bereits in den Startlöchern für die Akquise neuer Absatzmärkte. Ideologisches Gerede und Diskussionen um die von Unternehmen beantragte Kurzarbeit sind völlig unangebracht. Weder hat die Autoindustrie die Entwicklung von marktfähigen E-Autos – wie dies gerne von Nichtregierungsorganisationen behauptet wird – verschlafen, noch sind Gelder für Kurzarbeit staatliche Zuschüsse. Tatsache ist aber, dass die E-Mobilität im Vergleich mit den Benzin- und Dieselfahrzeugen nicht nur in Deutschland nach wie vor keine nennenswerte Käufergunst im Markt hat. 2019 wurden laut Kraftfahrtbundesamt 3.607.258 neue PKW in Deutschland zugelassen. Doch der Anteil der E-Autos blieb erneut sehr klein.
Selbst unter Berücksichtigung des erweiterten Angebotes mit ausländischen E-Auto-Marken entfielen bei den deutschen Zulassungen auf den reinen Elektroantrieb bescheidene 63.281 Fahrzeuge – lediglich ca. 1,8%. Selbst in den wichtigsten Märkten China und USA ging die Nachfrage für E-Autos bzw. Hybrids deutlich zurück. Deshalb kann die Automobilindustrie auf klassische Verbrennungsmotoren noch lange nicht verzichten. Auch die anderen führenden Autonationen haben beim E-Antrieb noch keineswegs das „Ei des Kolumbus“ erfunden. Tesla ist eine exotische Marke und für Japans große Autohersteller ist keineswegs ausgemacht, ob der E-Antrieb die Mobilität der Zukunft prägen wird. Deshalb sind ideologische Anfeindungen in Richtung der deutschen Autoindustrie so unsinnig. Im Gegensatz zu den E-Autos, haben PKW mit Verbrennungsmotoren „made in Germany“ nach wie vor – von temporären Entwicklungen wie jetzt durch Corona abgesehen – einen Markt. 2019 wurden in den fünf wichtigen PKW-Produktionsländern China, Vereinigte Staaten, Europa, Japan und Indien 61,1 Millionen PKW hergestellt. Lediglich 2,3 Millionen Fahrzeuge entfielen auf das Segment Hybrid/E-Auto. Deshalb muss die Autoindustrie weiterhin auch moderne und umweltfreundliche Verbrennungsmotoren produzieren, weil sie der Markt verlangt.
Kurzarbeitsgeld ist keine staatliche Hilfe
Auch die infolge der Corona-Krise beantragten Kurzarbeitergelder sind keineswegs, wie in der Öffentlichkeit kolportiert, staatliche Zuschüsse oder Kredite, sondern Leistungen der Arbeitslosenversicherung, die durch Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gespeist wird. So haben zum Beispiel der VW-Konzern und seine Beschäftigten in den vergangenen 10 Jahren ca. 4 Milliarden Euro an Beiträgen in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Eine völlig andere Sache sind staatliche Kredite, etwa bei der Lufthansa, sowie direkte Beteiligungen des Bundes an Unternehmen. Kurzarbeitsgeld und staatliche Kredite sind verschiedene Dinge. Schließlich darf bei etwaigen zu beschließenden Prämien für den Kauf neuer Fahrzeuge nicht vergessen werden, dass die Automobilindustrie durch die ideologische Verteufelung des Diesels in den vergangenen Jahren, also bereits vor Corona, in eine Absatzkrise getrieben wurde. Leider wurden bei bestimmten Dieselfahrzeugen Abgaswerte-Verfehlungen und der Diesel als Antriebstechnologie generell in einen Topf geworfen. Grenzwerte wurden teilweise selbst für neueste Modelle mit einem umweltfreundlichen modernen Diesel willkürlich festgesetzt. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Politik den Autokäufern den Diesel jahrelang aus Gründen der Umwelt explizit empfohlen hat.
Deutschland muss bei der Corona-Krise im Sinne einer langfristigen Industriepolitik denken. Dies gilt ausdrücklich auch für die Autoindustrie. Zwei der in Deutschland tätigen Autohersteller werden von Familien als Hauptaktionäre dominiert: der VW-Konzern mit VW, Audi, Porsche, MAN und weitere Marken im Ausland (von den Familien Porsche und Piech) und die BMW AG (von den Quandt-Erben Stefan Quandt und Susanne Klatten). Mehrheitliche Familieneigner als Ankeraktionäre brauchen auch nach Corona ein unternehmens- und investitionsfreundliches Umfeld; sie sehen sich umgekehrt als verlässliche Ankeraktionäre. Wenn dieses gegenseitige Vertrauen etwa durch aufkommende „Reichensteuer-Diskussionen“ gestört würde, könnte die langfristige Planbarkeit der Unternehmen bei einem Rückzug der Investoren gefährdet werden. Nicht auszudenken, was dies für den Standort Deutschland bedeuten würde. Neiddebatten und autofeindliche Diskussionen sind daher für den Wirtschaftsstandort Deutschland gerade in den aktuellen besonderen Corona-Zeiten gefährlich. Deutschland braucht gerade jetzt auch das Vertrauen der Investoren. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Deshalb sind jetzt Förderprogramme für die Autoindustrie gut angelegte Konjunkturpakete. Es ist Eile geboten.