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Der Handelspartner China

Referenz für eine gute Zusammenarbeit. Über 150 Jahre schon ist die BASF in China. Referenz für eine gute Zusammenarbeit. Über 150 Jahre schon ist die BASF in China. © BASF

Schwierig aber wichtig

Vor dem Hintergrund protektionistischer Tendenzen und des Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten, war der jüngste Besuch des chinesischen Premiers Li Keqiang in Berlin auch ein Versuch, Interessen mit Deutschland zu bündeln. Doch nachdem vor wenigen Tagen die Bundesregierung bei zwei geplanten chinesischen Investitionen in Deutschland den Stecker zog, war die Verwunderung nicht nur bei den Chinesen zu registrieren. Ausgerechnet der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), der in der Vergangenheit sogar Schutzzölle gegen chinesisches Dumping forderte, machte jetzt einen Kniefall vor den Chinesen und entschuldigte sich quasi für das Verhalten der Bundesregierung beim Verhindern der chinesischen Investitionen. Derartige Entscheidungen bergen die „Gefahr, das Klima für Auslandsinvestitionen zu beeinträchtigen“, sagte Dr. Stefan Mair, immerhin Mitglied der BDI-Geschäftsführung.

Einkaufstour

Was war der Hintergrund? Es ging um den Einstieg des riesigen chinesischen Monopolisten SGCC beim Stromnetzbetreiber 50Hertz, der für die Versorgung u.a. in Mitteldeutschland zuständig ist. Zurecht hatte die Bundesregierung beim Schlüsselprodukt Stromversorgung strategische sicherheitspolitische Bedenken. Diese Bedenken sah die Regierung auch im zweiten Fall; hier ging es um den Verkauf einer relativ kleinen Hightech-Firma, die aber auch in Teilsegmenten der Luft- und Raumfahrt sowie Nukleartechnik tätig ist. Die Bedenken des chinesischen Einflusses bei sicherheitsrelevanten deutschen Interessen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Wirtschaft Chinas ist nach wie vor mehrheitlich eine Staatwirtschaft, deren „private“ Unternehmen oft nur formal privat ausgerichtet sind. Ängste vor einem Racheakt der Chinesen, wie sie jetzt Stefan Mair vom BDI indirekt zum Ausdruck brachte, sind ohnehin unbegründet, denn bei zahlreichen Übernahmen deutscher Unternehmensperlen hatte die Bundesregierung keine Bedenken, die sogar im Falle der chinesischen Übernahme des Robotik-Herstellers Kuka verständlich gewesen wären. Weitere Übernahmen bzw. chinesische Engagements waren Krauss Maffei, Putzmeister, Kiekert und der Lichtspezialist Ledvance. Spektakulär auch der weitgehend heimliche Kauf von fast 10% der Daimler-Aktien durch das chinesische Unternehmen Geely. Grundsätzlich kaufen sich die Chinesen in Unternehmen, die in Schlüsseltechnologien aktiv sind, ein, um den Aufbau von Entwicklungsknowhow zu sparen.

Spielregeln nicht ausgewogen

Dies alles wäre sogar noch verkraftbar, wenn die „Spielregeln“ mit China ausgewogen wären. Aber nach wie vor schottet China seine eigene Wirtschaft ab. Immer noch gilt z.B. für die deutsche Automobilindustrie bei ihren Investitionen in China der Joint-Venture-Zwang mit chinesischen Unternehmen. Zwar „sollen“ diese Bestimmungen jetzt gelockert werden – doch noch befinden sich die Absichten im Konjunktiv. „Wenn China die Maßnahmen wirklich umsetzt, wäre dies ein echter Fortschritt nach vielen Jahren der Ankündigungspolitik. In zentralen Fragen hat sich allerdings trotz neuer Versprechen und einiger konkreter Schritte wenig geändert“, sagte Mikko Huotari, stellvertretender Direktor des Mercator Instituts für Chinastudien (MERICS). Ohnehin fällt die jetzt angekündigte Öffnung bei ausländischen, z. B. deutsche, Beteiligungen an chinesischen Unternehmen erst in den Jahren 2020 bzw. 2022 bei Herstellern von PKW, wenn überhaupt. Nach wie vor öffnet China seinen Markt nur in Teilsegmenten. Auch administrative Dinge sind immer noch sehr störend. Selbst Visa-Regelungen gestalten sich zuweilen außerordentlich kompliziert und Verhandlungen, so ist nach wie vor aus Unternehmenskreisen zu hören, sind zeitraubend und schwierig.

Beklagt werden auch immer wieder z.B. bei chinesischen Importwaren die Sicherheitsstandards, wie sich aktuell am Beispiel des Wirkstoffs Valsartan, der bei blutdrucksenkenden Medikamenten zum Einsatz kommt, zeigte. In der Produktionskette des Blutdrucksenkers sollen bei einem chinesischer Hersteller des Valsartan-Wirkstoffes krebserregende Substanzen nachgewiesen worden sein. Zu erinnern ist auch in diesem Zusammenhang an den vor einigen Jahren aufgedeckten „Milch-Skandal in China“.

Wichtiger Handelspartner

Doch ungeachtet aller Schwierigkeiten ist natürlich China ein für Deutschland wichtiger Handelspartner. Das Handelsvolumen betrug 2017 beachtliche 186,7 Mrd. Euro. Davon exportierte Deutschland Erzeugnisse im Wert von 86,2 Mrd. Euro, nahm aber umgekehrt aus China Waren im Wert von 100,5 Mrd. Euro ab. Ängste, China zu vergraulen, sind also unberechtigt, denn immerhin ist Deutschland für China ein bedeutender Kunde, den das Land auf keinen Fall vernachlässigen will. Mit anderen Worten: China hätte mehr zu verlieren als Deutschland. Weltweit ist zwar China mit 1.846 Milliarden Euro Warenwert der führende Exporteur (Deutschland 1.279 Mrd. Euro), aber wehe die wichtigsten Kunden wie USA oder auch Deutschland würden die Bezüge stark drosseln – was ja indirekt die Vereinigten Staaten androhen.

China hat viele Defizite

China selbst bezeichnet sich ja immer noch – Premier Li sagte dies jetzt wieder in Berlin – als Entwicklungsland und in gewisser Weise stimmt dies auch so. Das Land rangiert im UN-Human Development Index, der das Bruttoeinkommen der Bevölkerung, die Lebenserwartung sowie die Lebensbedingungen einschließlich Ausbildung umfasst, lediglich weit abgeschlagen an 90. Stelle. Spitzenreiter sind übrigens Norwegen, Australien und natürlich die Schweiz noch vor Deutschland, Vereinigte Staaten und United Kingdom. Bei der Beurteilung Chinas darf man sich nicht blenden lassen. China hat 1,4 Milliarden Einwohner, Deutschland ca. 83 Millionen, dies sind gerade einmal 5,9% der Anzahl der chinesischen Bevölkerung. Würde man die Leistungsstärke der deutschen Wirtschaft auf die Einwohnerzahl Chinas projizieren, müsste China – gleiche Leistungsstärke vorausgesetzt – Waren im Wert von 31.517 Milliarden Euro exportieren. Es sind wie schon oben erwähnt 1.846 Euro …

Ängste sind übertrieben

Alles in allem ist China ein willkommener Handelspartner, wichtig aber schwierig. Ängste indessen – vor allem aus deutscher Sicht – sind unbegründet. Viele chinesische Produkte könnten ohne westliche Komponenten nicht marktfähig hergestellt werden. Ein Beispiel: Seit Jahren sucht China z.B. in der zivilen Luftfahrtindustrie den Anschluss an Boeing, Airbus, BAE Systems, SAFRAN Aircraft oder Rolls Royce (Luft- und Raumfahrt). Es bleibt beim Versuch. Seit vielen Jahren arbeitet China an einem zweistrahligen Mittelstreckenflugzeug, das in China entwickelt wurde, dem Projekt C 919. Jetzt soll das Flugzeug 2019 verkaufsfähig sein. Sie kommen einfach nicht zur Markteinführung, obwohl die wichtigsten Komponenten wie die Triebwerke (von CFM Frankreich) oder das Fahrwerk (von Liebherr) von westlichen Lieferanten stammen.

Letzte Änderung am Donnerstag, 02 August 2018 10:19
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag