Seit der heißen Phase des Wahlkampfes 2015/2016 und insbesondere nach der siegreichen Wahl am 8. November 2016 wird Trump mit übelsten Unterstellungen und Beleidigungen konfrontiert. Als der nordkoreanische Machthaber Kim die USA mit Atomraketen bedrohte und Trump daraufhin die Vernichtung Nordkoreas ankündigte, war der Aufschrei nicht nur in den USA groß. Der Präsident habe kein Augenmaß und verschärfe unnötig die Situation, anstelle diplomatische Instrumente einzusetzen. Besonnenheit sei angebracht. Nachdem sich dann Kim und Trump im Juni in Singapur trafen und eine Entspannung einleiteten, war die Irritation bei Trumps Gegnern über seine doch zunächst in den Medien geforderte „Besonnenheit“ groß. Hoffentlich habe der Präsident keine falschen Zugeständnisse bei Kim gemacht, hieß es jetzt! Wie man sieht: einmal so und dann wieder so!
Wieso desaströser Gipfel Trump/Putin?
Gut vier Wochen später kam es zum „historischen“ Treffen des US-Präsidenten mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin in Helsinki. Und seit dem Treffen werden wir mit täglichen hysterischen Aussagen durch Trump-Gegner konfrontiert. Von einem desaströsen Gipfel wurde gesprochen und dass jetzt Schadensbegrenzung notwendig wäre. Wieso ein Gipfel der Präsidenten der mit Abstand größten Atommächte, bei dem es schließlich um eine dringend notwendige Entspannung ging, katastrophal und verhängnisvoll sein soll, wissen die Kommentatoren zynischer Beiträge wohl selbst nicht.
Für die amerikanischen Medien, einschließlich ihrer Nachbeter insbesondere in Deutschland, stand das „verräterische Ergebnis“ des Treffens schon vorher fest. Es fehlten in deren Logik die Kampfansagen und kritischen Worte von Trump gegen Putin und Russland, es fehlte das Thema Giftgas Salisbury und das geforderte Eingeständnis, dass Putin die Präsidentenwahl vom 8. November 2016 beeinflusste. Letzteres hören wir zwar seit der Niederlage von Hillary Clinton, aber außer Vermutungen und Verdächtigungen wie „könnte, soll, angeblich, vermutlich“ liegen keine klaren Beweise vor.
Auch die, bemerkenswerterweise erst kurz vor dem Treffen mit Putin, bekanntgewordenen Anklagen des US-Sonderermittlers Robert S. Mueller gegen zwölf Russen, die in den US-Wahlkampf eingegriffen hätten, sind – Stand heute – Anschuldigungen ohne konkrete Beweise. Putin hat dazu in Helsinki nur einen Satz gesagt: „Ich war ja selbst Geheimdienstler und weiß, wie solche Dokumente erstellt werden.“ Putin lud dann Mueller mit seinen Ermittlern nach Russland ein, um konkrete Befragungen der Beschuldigten durchführen zu können. Kann man mehr anbieten?
Zar Alexander III – Russland hat nur zwei Verbündete …
Helsinki 2018 war überfällig. Bei dem Treffen zwischen den Präsidenten der mächtigsten Atommächte ging es nicht um die Frage „Freunde oder Feinde“, wie z.B. völlig unsinnig ein ARD-Brennpunkt zum Helsinki-Treffen hieß und schon gar nicht ging es um eine Männerfreundschaft. Es ging um eine notwendige Normalisierung denkbar schlechter Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Russland, denn der Kalte Krieg war ja zunächst bereits in der Ära Gorbatschow beendet worden. Man war damals in den Beziehungen schon viel weiter, aber Russland wurde in der Jelzin-Ära auch böse gedemütigt. So etwas nagt.
Russland wurde auch militärisch systematisch nach Auflösung der Sowjetunion eingekreist und die Grenzen der NATO, entgegen den 1990 erfolgten Absprachen des „Westens“ mit dem damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow, immer östlicher in Europa an die russische Grenze verlagert.
Später – wohlgemerkt ohne UN-Mandat – begann die NATO 1999 einen Krieg gegen Serbien, historisch ein Verbündeter Russlands. Es war, wie heute Historiker beurteilen, ein sehr negatives Schlüsselerlebnis für Russland, das dazu führte, dass sich die russische Politik wieder an die Aussage von Zar Alexander III (Amtszeit von 1881-1895) erinnerte: Russland hat nur zwei Verbündete: seine Flotte und die Armee! Dank seiner Rohstoff-Ressourcen mit den damit verbundenen Einnahmen, hat sich Russland unter Putin stabilisiert und wurde wieder eine militärische Großmacht.
Das Land ist nicht mehr wie in der Jelzin-Ära herumschubsbar oder gar besiegbar. Es sei denn man wollte das Risiko eines großen Atomkrieges eingehen und die Welt in Schutt und Asche stürzen. Dies kann aber keine vernünftige Politik wollen. Weil dies alles so ist, führt an einem Ausgleich zwischen den USA und Russland kein Weg vorbei. Die Spannungen zwischen den USA und Russland müssen beendet werden. Dies haben Trump und Putin erkannt und deshalb muss der Dialog weitergeführt werden.
Die Zeiten eines McCarthys sind vorbei
Dass man jetzt einen Neubeginn eines Dialoges nicht mit Vorwürfen und Anschuldigungen beginnt, ist auch klar. Deshalb sind amerikanische Forderungen aus dem Medienbereich, demnach Russland „gezügelt“ werden müsse, so unsinnig. Die Zeiten des amerikanischen Politikers McCarthys aus den 1950er Jahren, der hinter jeder Ecke in den USA einen „Feind und Spion“ vermutete (verbunden mit einer unglaublichen Russenfeindlichkeit und Denunziation), sollten eigentlich nicht wieder aufleben. Was Trump und Putin jetzt in einem Vieraugengespräch in Helsinki aushandelten, unterliegt der Vertraulichkeit. Dies muss auch so sein, denn ansonsten hätten vertrauliche Gespräche keinen Sinn. Diese einfache Weisheit sollten auch amerikanische Redakteure bei allem Verständnis für Neugierde verstehen.