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Qualität bleibt Fundament für den Erfolg der Wirtschaft

Qualität bleibt Fundament für den Erfolg der Wirtschaft © Bosch

Doch „Made in Germany“ muss als Erkennungszeichen reformiert werden

In zwei aktuellen Studien der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V. (DGQ) wurde der Qualitätsstandort Deutschland und die Bedeutung der Qualität für die Unternehmen untersucht. Der repräsentativen Analyse liegt die Befragung von 1.214 deutschen Unternehmen zugrunde. Fazit: Für 90% der befragten Unternehmen ist Qualität der Erfolgsgarant der deutschen Wirtschaft. Aber China, Indien und Polen machen immer stärker der deutschen Qualität Konkurrenz. Vor allem China – so mehr als 56% der befragten deutschen Firmen – werde in der Qualität seiner Produkte aufholen. Allerdings geht ein großer Teil der befragten Unternehmen davon aus, dass Deutschland seine Position als Qualitätsführer noch ausbaue.

Qualität sei das Differenzierungsmerkmal, mit dem sich die deutsche Wirtschaft erfolgreich am Weltmarkt behaupte, so die Studie. 84% der befragten deutschen Unternehmen wünschen sich daher, dass „Made in Germany“ gestärkt und geschützt wird. Doch das „Gütesiegel“ ist gefährdet, denn Brüssel und das EU-Parlament wollen in einer immer stärker vernetzten EU überschaubare Kriterien für die Herkunftsbezeichnung der Produkte. In der Tat besteht durchaus Handlungsbedarf, denn Qualitätslabel wie Made in Austria, Made in Germany, Swiss Made, Product of Scotland oder Made in UK spiegeln längst nicht mehr die Herkunft aus Fertigungsländern mit einem hohen Qualitätsbewusstsein wider.

Im industriellen Bereich müssen gerade Länder mit einem hohen Qualitätsprofil ihrer Produkte – etwa die Schweiz und Österreich – daran interessiert sein, dass die Qualitätslabel in einer globalisierten Welt (mit Fertigungsstätten rund um den Erdball) nicht verwässert werden.

Ist ein Siemens-Transformator, „Made in Nürnberg“, besser als sein „Bruder“ aus einer Siemens-Trafofabrik in China? Sind Uhren mit dem Begriff „Swiss Made“ noch aus der Schweiz, wenn die Wertschöpfung von Komponenten der Uhren immer stärker in billige Lohnländer abdriftet? Wie ist ein Qualitätsstahl der österreichischen Voestalpine künftig einzustufen, wenn er möglicherweise nicht mehr aus Linz kommt?

Designed in Austria, Germany und Swiss

Die Spielregeln in der globalisierten Welt haben sich verändert. Wenn heute Industriefirmen in China Großanlagen verkaufen wollen, werden sie mit der Erwartung der Chinesen konfrontiert, gleichzeitig Investitionen in chinesische Fabriken vorzunehmen. Sind dann etwa Voith-Getriebe, made im Voith-Werk in Shanghai, ein Produkt „Made in Germany“? Entscheidend ist das Design, die Entwicklung und das Engineering. Deshalb sollte man auf die oft nicht mehr zutreffende Bezeichnung „Made in Germany“ verzichten und dafür auf „Designed in Germany“ setzen. Dies ist auch im englischen Sprachraum die bessere Übersetzung für Entwicklung und Konstruktion. Güter von Firmen aus den Hochpreisländern Schweiz, Österreich und Deutschland sind per se keineswegs in der Qualität geringer einzustufen, wenn sie in Rumänien, Bulgarien oder in Indien produziert wurden, wenn das „Design“ in den Entwicklungszentren in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland erfolgte. Wichtig ist aber die Fertigungsüberwachung und ständige Qualitätskontrolle in den Fertigungsländern.

Nicht immer hält das Qualitätsprofil in einigen Fertigungsländern mit den Anforderungen in Deutschland, in der Schweiz oder in Österreich Schritt. Die Quote der Nachbesserungen wird gerne von den Firmen verschwiegen. Als BMW 1994 im amerikanischen Spartanburg mit der Fahrzeugproduktion begann, waren Verarbeitungsmängel am kleinen Roadster, die in Deutschland dann nachgebessert werden mussten, an der Tagesordnung. Auch renommierte deutsche Getriebehersteller haben mit der Fertigung in ausländischen Werken negative Erfahrungen gemacht. Wenn millimetergenaue Justierungen nicht genau passen, sind Kostenvorteile schnell dahin.

Globalisierung hat eigene Gesetze

Die Globalisierung der Wirtschaft mit weltweit vernetzten Produktionen kennt andere Gesetze. Wer im harten Wettbewerb bestehen will, muss auch vor Ort sein. Weil Siemens in den USA Gasturbinen verkaufen will, hat der Konzern in North Carolina eine moderne Gasturbinenfabrik gebaut. Die Zeiten sind vorbei, in denen beispielsweise die gute alte BBC AG, die heutige ABB, für ihre Turbinen, Generatoren, und anderen elektrotechnischen Erzeugnissen nur zwei Kompetenzzentralen hatte: Baden in der Schweiz und Mannheim in Deutschland. Natürlich hat damals BBC Schwersttransporte mit Generatoren von der Schweiz bzw. von Mannheim über den Rhein und den Nordatlantik nach Brasilien verschifft, um dort Wasserkraftwerke zu bauen. Heute funktioniert dies nicht mehr, weil Brasilien die Aufträge für Turbinen und Generatoren nur an Unternehmen erteilt, die im Lande produzieren. Weil dies aber alles so ist sind Qualitätslabel wie Swiss Made oder Made in Austria, Germany oder United Kingdom irritierend. Die Produkte sind oft nicht mehr hierzulande gefertigt.

Wir leben in einer Welt der internationalen Arbeitsteilungen. Ein typisches Beispiel ist die Automobilindustrie. Alle führenden Hersteller greifen auf ein weltweites Produktionsnetzwerk zurück und besitzen Werke im Ausland. Deshalb ist es bei der Automobilindustrie wichtig, das Markenprofil zu schärfen, weniger den Produktionsstandort. Kein BMW-Käufer käme auf die Idee, von einem amerikanischen Fahrzeug zu sprechen, nur weil es in einem amerikanischen Werk produziert wurde.

Das Beispiel Schweiz

Schweizer Schokolade und Schweizer Uhren sind vielleicht die bekanntesten Erzeugnisse des Landes mit einem hohen Qualitätsprofil. Aber die Schweiz steht vor allem für eine hohe Präzision der im Lande hergestellten Investitionsgüter. Schweizer Unternehmen waren aufgrund des kleinen Binnenmarktes immer gezwungen, die Weltmärkte zu gewinnen. Dies gelang nur durch eine überdurchschnittlich hohe Qualität. Auch die Schweiz war aufgrund der geographischen Struktur gezwungen, Fertigungsnetzwerke – vorzugsweise in Deutschland – aufzubauen. Die weltweit führenden Pharmaunternehmen Novartis oder Roche, der Nahrungsmittel- und Getränkekonzern Nestlé ohnehin, Anlagen- und Maschinenbauer wie ABB, Schindler, Georg Fischer, Oerlikon oder Sulzer – alle Nobeladressen der Schweizer Wirtschaft konnten nur groß werden, weil sie frühzeitig die Chancen der Globalisierung, als dieses Wort noch kein Begriff der Wirtschaft war und man mehr von Weltfirmen sprach, erkannten.

Aber gerade die genannten Gesellschaften beschäftigen längst im Ausland mehr Menschen als im Stammland Schweiz. Gewiss hat die Wirtschaft das Qualitätslabel „Swiss made“ insbesondere im Konsumgüterbereich bei Schokolade oder Uhren gepflegt. Aber die Investitionsgüterindustrie hat vor allem auf den Firmennamen als Qualitätsmerkmal geachtet. Ein Hightech-Expressaufzug für ein fünfzigstöckiges Hochhaus von Schindler ist nicht unbedingt ein Produkt „Swiss Made“ – der Aufzug könnte beispielsweise vom Standort Berlin kommen –, aber ein Qualitätserzeugnis „Made by Schindler“.

In der globalisierten Welt ist ein Qualitätslabel mit einem Herkunftsbezug zum Firmensitz nicht mehr zielführend. Die Unternehmen müssen ihr eigens Firmen- und Qualitätsprofil schärfen. Der Schweiz gelang dies. Auch die deutschen Firmen haben weltweit einen herausragenden Ruf. Diesen gilt es zu pflegen und auszubauen. Mit deutschen Firmennamen muss herausragende Qualität sowie Kompetenzen in der Ingenieurskunst und Innovationsfreude verbunden werden. Nur so gewinnt die deutsche Wirtschaft auch künftig die Exportmärkte.

Letzte Änderung am Mittwoch, 26 April 2017 13:17
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag