Zurecht sollen für große Namen die gleichen Maßstäbe der Ermittlung beim Betrug gelten. Insofern ist allenfalls die Häme und der mediale Rummel im Falle Hoeneß zu verurteilen. Steuervergehen bleibt Vergehen und muss bestraft werden – aber legt die „Obrigkeit“ den gleichen kritischen Maßstab in der Politik, bei den Behörden und deren Spitzenbeamten an, wenn diese uns als Steuerzahler Millionenbeträge durch ihre Unfähigkeit aufbrummen? Hoeneß hat etwa den Staat (die endgültige Zahl der Steuerhinterziehung ist noch unbekannt) um einige Millionen Euro betrogen. Dies ist unverantwortlich. Aber wer zieht andererseits die Herrschaften zur Rechenschaft – auch strafrechtlich –, die unsere Steuergelder ins Unermessliche verplempern? Müssen diese auch etwa Angst vor einer Gefängnisstrafe haben?
Mehrkosten von 600 Millionen Euro bei der Elbphilharmonie
Komme niemand auf die wahlpolitische Idee und sage, es seien bei politisch begründbaren finanziellen Verfehlungen die Schwarzen oder die Roten gewesen. Sie sind leider alle betroffen – quer durch die Parteien, einmal diese, einmal jene. Wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass die Elbphilharmonie, so die jetzt veröffentlichte Zahl endlich einmal stimmen würde, 789 Millionen Euro kostet und damit zehnmal so viel wie geplant? Selbst wenn man die Millionenspenden honoriger Hamburger Bürger – es gab Einzelspenden von 30 Millionen Euro – abzieht, verbleiben beim Steuerzahler mindestens 600 Millionen Euro, die er aufgrund von Unvermögen, von wem auch immer, zahlen darf. Die Elbphilharmonie sollte 2010 fertig sein; inzwischen, 2013, wird von einem neuen Eröffnungstermin im Jahr 2017 geredet. Eine Schande, nicht nur für das Ansehen deutscher Planungs- und Ingenieurkunst. Muss etwa der oberste Chef einer Bau- oder Aufsichtsbehörde in der Freien und Hansestadt Hamburg ins Gefängnis? Natürlich nicht. Es gibt ja mindestens tausend Begründungen, Schuldzuweisungen und andere Ausreden für die Kostensteigerungen. Was hätte man, um im Jargon der Plauderer in den Fernseh-Talkrunden zu bleiben, mit den unverantwortlichen Mehraufwendungen für schöne „Kitas“ bauen oder andere dringend notwendige Projekte finanzieren können.
Wer übernimmt die strafrechtliche Verantwortung?
Hat jemand (außer der politischen) auch die finanzielle Verantwortung für das Desaster von Millionenbürgschaften des Landes Rheinland-Pfalz – es war noch in der Ära des Ministerpräsidenten Beck – beim Projekt Sport- und Freizeitzentrum Nürburgring übernommen? Der Steuerzahler darf die Bürgschaften brav bezahlen. Muss, ein anderes Beispiel, eine verantwortliche Person aus dem Bereich der Politik und der Behörden, etwa in Berlin oder Brandenburg beim Flughafen Berlin-Brandenburg, für den Schlendrian der Planungs- und Baufehler mit den entsprechenden Kostenüberschreitungen in Milliardenhöhen strafrechtliche Verfolgungen befürchten? Aber nein! Mit der Begründung, mein Name ist Hase, ich weiß von nichts, schleichen sich alle Verantwortlichen davon. Jeder Monat Verzögerung der Inbetriebnahme des Airports soll uns als Steuerzahler monatlich weitere 15 Millionen Euro kosten. Wer zieht die Verantwortlichen in Rechenschaft? Und zwar nicht nur mit einem Verweis! Wer übernimmt, neues Beispiel, die Verantwortung für die Kostensteigerungen beim Projekt Stuttgart 21? Es geht ja nur um Milliarden! Da ist, um wieder Hoeneß als Vergleich für die Schadenssumme heranzuziehen, dieser ein ganz kleiner Fisch. Natürlich kann man, dessen sind wir uns schon bewusst, das eine mit dem anderen nicht vergleichen.
Finanzdebakel „Euro-Hawk“
Jetzt sollen beim Drohnenprojekt „Euro-Hawk“ Fehlinvestitionen von mehreren hundert Millionen Euro entstanden sein, weil das Projekt keine Zulassung für den Luftraum erhalten kann. Denn es bestehe angeblich durch die Drohnen während der Startphase eine Kollisionsgefahr auch für Zivilflugzeuge. Gleiches gelte auch bei der Landung. Durch die fehlenden luftfahrtrechtlichen Sicherheitsvoraussetzungen könnte sich das „Euro-Hawk“-Programm als Riesenflop erweisen. Man muss sich dies einmal angesichts der Heere von Fachleuten und Beamten im Umfeld des zuständigen Ministeriums vorstellen.
Man kann die öffentlichen Hände auf zweierlei Art schädigen. Indem man Steuern hinterzieht; man kann aber auch Kommunen, Länder und den Bund, letztendlich uns Steuerzahler, durch Unfähigkeit und Dummheit der Verantwortlichen bei der Planung und Projektüberwachung schädigen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der Steuerhinterzieher ab einer bestimmen Summe mit Gefängnis rechnen muss, während die Verantwortlichen der riesigen Kostensteigerungsschäden, selbst wenn das Versagen des politischen „Controlling“ offenkundig wird, bei öffentlich-rechtlichen Projekten allenfalls „abgesetzt“ werden. Wenn zwei das Gleiche tun …