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2012 war ein Wellental der wirtschaftlichen Stimmungen

2012 war ein Wellental der wirtschaftlichen Stimmungen © Nordex SE

Deutschlands Industrie trotzte 2012 den Hiobsbotschaften

Manchmal würde man zu gerne im Zeitraffer die vergangenen Untergangsszenarien in den Medien, Nachrichtensendungen und Quasselstunden der deutschen Talkshows bei ARD und ZDF am Ende eines Jahres Revue passieren lassen, damit der zum Teil verbreitete Blödsinn nochmals deutlich wird. Wie wurde doch in dramatischen Behauptungen der Untergang des Euros beschworen. Die einen wollten raus aus der europäischen Währung, weil diese Deutschland in den Strudel ziehe, die anderen beschworen wegen den Verhältnissen vor allem in Griechenland fast den Untergang unseres Landes. Ängste wurden herbeigeredet, so als ob unmittelbar die Leute ihr Erspartes verlieren würden.

Gewiss soll nichts verharmlost werden, die EU wurde 2012 vielleicht mit der schlimmsten Krise konfrontiert, die vor allem ihre Ursache in der Haushaltspolitik in Griechenland, Spanien und Portugal hatte. Selbst substanziell starke Industrieländer wie Frankreich und Italien wurden mit dem Untergang konfrontiert. Leider wurde auch die EU zu einseitig nur in ihrer Finanz- und Haushaltsarchitektur gesehen; die EU ist aber vor allem ein großartiges politisches Projekt, das nicht auf „nur“ Haushaltsfragen reduziert werden darf. Wer ein relativ kleines Land wie Griechenland zum Gradmesser der EU macht und die Bürger in Deutschland mit schlimmen Szenarien verängstigt, leistet „Beiträge“ für ein wirkliches Entstehen einer Wirtschaftskrise. Man kann eine Krise auch herbeireden und herbeischreiben… Wenn die Bürger – wie oft in 2012 – vernehmen müssen, dass unsere Währung zusammenbricht, dann ängstigen sie sich, halten ihr Geld zusammen und tragen nicht zum Binnenkonsum bei. Wer um sein Geld Angst hat, kauft kein Auto und dies ist ja auch der Grund dafür, weshalb in den europäischen Absatzmärkten die Zulassungen zurückgingen. Zum Glück konnten die deutschen Premiumhersteller die europäischen Rückgange durch gute Verkäufe in den Vereinigten Staaten, in China und auch in Indien kompensieren.

Insgesamt ein gutes Jahr

Alles in allem war unter dem Strich vor allem für Deutschland und seine Wirtschaft 2012 ein gutes Jahr! Der deutsche Aktienindex legte um fast 30% zu. Somit war 2012 das beste Aktienjahr seit 2003. Dies hörte sich in der Mitte des Jahres in den Fernsehnachrichten völlig anders an. Gewiss waren auf der anderen Seite Razzien bei Banken – z.B. bei der Deutschen Bank und der HypoVereinsbank/UniCredit – kein gutes Signal für das Empfinden der Bevölkerung. Die Banken müssen ihre Image verbessern, aber es wäre kontraproduktiv, die Banken pauschal zu verunglimpfen. Ärgerlich waren für die Deutschen auch die höchsten Spritpreise in der Geschichte der Bundesrepublik. Auch die Strompreise nehmen durch die übertriebene Förderpolitik regenerativer Erzeugungstechnologien beängstigende Formen an und gefährden übrigens die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Dennoch – wir haben es schon wiederholt herausgestellt – hat Deutschland insgesamt durch seine starke Realwirtschaft mit nach wie vor hervorragender Branchen und Firmen auf den Weltmärkten eine gute Position. So hat sich der deutsche Maschinenbau gut behauptet und berichtet über hohe Auftragspolster. Mit einem – vorläufige Zahlen für 2012 – Umsatz von 209 Milliarden Euro konnte die Maschinen- und Anlagenindustrie Deutschlands die Erwartungen aus dem Frühjahr 2012 sogar noch übertreffen. Die Paradebranche Maschinenbau erreichte Ende September 2012 mit einer Stammbelegschaft von 981.000 Personen den höchsten Stand seit 1993.

Auch die deutsche Automobilindustrie – die GM-Tochter Opel ist aus anderen Gründen die Ausnahme – erreichte mit ihren Premiumfahrzeugen beeindruckende Absatzziffern. Allein der Volkswagen-Konzern lieferte in den ersten 11 Monaten 2012 fast 8,3 Millionen Fahrzeuge aus – ein neuer Rekord. Rekordabsatzziffern meldeten auch Daimler – vor allem mit seiner Marke Mercedes-Benz – und BMW. Die Audi-Absätze mit 1,34 Millionen Fahrzeugen – ebenfalls die ersten 11 Monate 2012 – sind in den VW-Ziffern enthalten. Allerdings haben die negativen Schlagzeilen zu den Ereignissen in Griechenland, Spanien und Portugal zu einer Verunsicherung der europäischen Kunden im Segment Pkw geführt. Auch Deutschlands drittgrößte Branche, die Chemie, konnte sich mit einem Umsatz von 184,2 Mrd. Euro in 2012 behaupten, wenngleich die Branche die Verunsicherungen spürte. 2013 will die Chemie wieder kräftiger zulegen.

Weiterhin gute Grundstimmung – aber kein Übermut

Insgesamt ist aber für die künftigen Herausforderungen die deutsche Industrie gut aufgestellt. Dies zeigt sich auch an vorgesehenen Rekordinvestitionen führender deutscher Firmen. So investiert die weltweite größte Chemie-Gruppe, der BASF-Konzern, allein an seinem Stammsitz Ludwigshafen/Mannheim eine Milliarde Euro. Dies ist die größte Einzelinvestition der Geschichte im Stammwerk des Chemieriesen. Dies sind gute Botschaften.

Auch in den mittelständischen Industrieunternehmen ist, wie eine Befragung des BDI ergab, die Grundstimmung nach wie vor positiv. Der deutsche Mittelstand konnte sich vor allem mit seiner Innovationsstärke durchsetzen. Zahlreiche deutsche mittelständische Industriefirmen haben in ihren Nischen eine Marktführerposition mit Produkten für eine hohe Querschnittsfunktion in alle anderen Branchen. Es sind die heimlichen Riesen, ohne deren Produkte etwa Spezialpumpen, Hightech-Dichtungen, Werkzeugmaschinen, Ventile, Getriebe oder Anlagen für die Herstellung hauchdünner Alufolien – um nur wenige Beispiele zu nennen – auf den Weltmärkten nicht viel läuft.

Freilich besteht kein Grund zum Übermut. Die Herausforderungen durch Haushaltsprobleme – nicht nur in südeuropäischen EU-Ländern – dürfen nicht unterschätzt werden. Die Realwirtschaft ist in Deutschland stark – aber sie kann nicht alles „stemmen“, wenn die politischen Rahmenbedingungen nicht optimal sind. Eine enorme Herausforderung für den Industriestandort Deutschland sind z.B. die politisch vorgegebenen hohen Energiekosten, die insbesondere energieintensiven Branchen in Deutschland zusetzen. Es ist kein Zufall, dass die großen Unternehmen aus den USA aktuell durch die niedrigen Energiekosten in den Vereinigten Staaten enorm zulegen und ihre Wettbewerbsfähigkeit ausbauen.

Letzte Änderung am Donnerstag, 04 Mai 2017 14:19
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag