Willard Mitt Romney, der amerikanische Präsidentschaftskandidat, hatte noch wenige Tage vor Beginn der Spiele „Sorgen“. Er witterte „beunruhigende Zeichen“ zur Frage, ob Großbritannien ein Ereignis von der Größenordnung einer Sommerolympiade ausrichten könne. Yes we can; recht eindrucksvoll widerlegten die Briten den Amerikaner. Und wie sie konnten. Selten, wenn überhaupt, lobten die Athleten derart enthusiastisch „ihr“ olympisches Dorf und die Qualität der Sportstätten wie jetzt in London. Egal, ob das wunderschöne Olympiastadion mit jeweils 82.000 mitgehenden Zuschauern, das Olympic Velodrom als Schauplatz großartiger Radrennen oder die futuristische Wassersportarena Aquatic Centre der Stararchitektin Zaha Hadid: Die Briten beeindruckten mit einer Eleganz der Sportstätten, die auf lange Zeit die Maßstäbe setzen. Dies gilt auch für den Dorney Lake, auf dem die deutschen Ruderer und Kanuten Medaillen sammelten.
London 2012 – dies waren vor allem heitere Spiele pur, die reibungslos abliefen – ohne Gängelung der Journalisten, wie in Peking. Die Begeisterungsfähigkeit der Briten übertrug sich auf die Athleten. Selten hat man Leistungssportler über alle teilnehmenden Nationen hinweg so oft lachen sehen. London fuhr vierspännig vor: Die Prachtstraße The Mall mit Buckingham Palace als Start und Ziel etwa des Marathon-Laufes, Schwimmen im Serpentine Lake im Hyde Park, die Einbindung vom Hampton Court Palace oder Horse Guards mitten in der Stadt und unmittelbar in der Nähe von Whitehall als Austragungsort von Beachvolleyball – London mit seinen beeindruckenden Sehenswürdigkeiten wie Tower Bridge, Westminster, London Eye, St Pauls Cathetral, Themse Promenade zeigte sich von seiner besten Seite und wird wohl für Sportler als auch für die Gäste von Olympia 2012 einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der Olympic Park London mit dem neuen zusätzlichen Wahrzeichen der 114,5 Meter hohen Stahl-Skulpur „ArcelorMittal Orbit“ ohnehin.
Sportverbände voller Lob
Lange vor dem Beginn der Sommerspiele 2012 waren die Sportstätten fertig, kein Bangen also um die rechtzeitige Fertigstellung wie 2004 in Athen. Selbst das befürchtete Verkehrschaos in der Weltmetropole London blieb aus. Das Lob von IOC-Präsident Jacques Rogge war nicht mehr zu überbieten. London habe sehr gute Spiele organisiert. Die Verbände seien alle sehr glücklich und „jeder Sportler äußert sich geradezu ekstasisch über das olympische Dorf“, sagte er.
Was bleibt für das Veranstalterland? Vordergründig holte Großbritannien 29 Goldmedaillen – insgesamt sogar mit Silber und Bronze 65 Medaillen – und wurde somit weit vor Deutschland die dritterfolgreichste Sportnation. Durch das Land ging ein Ruck; die Briten glauben wieder an das Leistungsvermögen von United Kingdom. London 2012 – dies war nicht die Olympiade der Engländer, Schotten, Nordiren oder Waliser. London 2012 vereinte alle Landesteile des „Vereinigten Königreiches“ zu Great Britain. Die Briten, dies ist die Botschaft, sind immer dann erfolgreich, wenn sie geschlossen auftreten. Das Land erhielt jetzt, nicht nur die Stadt London, durch die Spiele eine enorme Aufwertung und Verbesserung der Infrastruktur. Mittelfristig erwarten die Briten durch den enormen Werbefaktor London 2012 sowohl eine Verbesserung der Marktposition ihrer Firmen, als auch weitere Investitionen im gesamten Land. Bereits 2017 wird London erneut ein sportliches Mega-Event ausrichten, die Leichtathletikweltmeisterschaft 2017. Kurzfristig ergeben sich Impulse für Aufträge durch den Umbau vieler Sporteinrichtungen.
Für Deutschland verliefen die Spiele durchwachsen. Man hat, wie jetzt Veröffentlichungen durch das Innenministerium zeigen, wesentlich mehr erwartet. Olympiasieger sind herausragende Imageträger für ein Land. Deshalb muss die Frage erlaubt sein, wie viel Geld uns Deutschen der olympische Spitzensport als Werbeträger wert ist. Die Briten haben in den letzten zehn Jahren erhebliche Finanzmittel in die olympische Sportförderung gesteckt – zum Teil über Lottogelder. Das Ergebnis hat man jetzt in London gesehen. Es kann nicht sein, dass sich ein Stabhochspringer oder Diskuswerfer in Deutschland plagt und sein Studium vernachlässigt und im Vergleich zu seinen Sportkameraden im Ausland arm aussieht. Aber genau so ist es. Das Missverhältnis der Vergütung zwischen Bundesligafußballern und olympischen Spitzensportlern ist in Deutschland zu groß.