Politik - Märkte - Energie - Mobilität

  • Startseite
  • Aktuelles
  • Unverständliche Bafin-Entscheidung zum Übernahmeangebot der ACS für Hochtief:

Unverständliche Bafin-Entscheidung zum Übernahmeangebot der ACS für Hochtief:

Unverständliche Bafin-Entscheidung zum Übernahmeangebot der ACS für Hochtief: www.hochtief.de

Russisches Roulette: Hochtief-Aktionäre haben die Wahl

Seit Wochen erleben wir mit guten Argumenten den Kampf des Hochtief-Managements für die weitere Selbständigkeit des deutschen Marktführers in der Baubranche. Der spanische Baukonzern ACS, bisher schon Grossaktionär bei der Hochtief AG, will die mehrheitliche Kontrolle bei den Essenern. Mit – vorsichtig ausgedrückt – zumindest fragwürdigen Methoden, die aber aufgrund einer Gesetzeslücke im deutschen Übernahmerecht legal sind, wollen die Spanier zum Ziel kommen. Nachdem die deutsche Politik keinen Reformbedarf bei der Schließung der Gesetzeslücke (siehe unter Referenzen) sah, ruhten die Hochtief-Hoffnungen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die über den ACS-Vorstoß zu befinden hatte.

Nun hat die BaFin entschieden. Sie hat keine Bedenken gegenüber dem Übernahmeangebot der spanischen Grupo ACS an die Hochtief-Aktionäre. Die Angebotsunterlage der Spanier entspreche den Anforderungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG), ließ die Behörde in einer Pressemitteilung vom 29. November 2010 verlauten. Zuvor berichteten mehrere Medien, dass die BaFin selbst Zweifel an der Finanzierbarkeit des Angebotes gehabt habe. In der Tat – so die BaFin selbst – hat die Behörde im Rahmen ihrer Prüfung offenbar noch in den letzten Stunden erhebliche Nachbesserungen verlangt. So wurde die von ACS zunächst vorgesehene Verwendung von Aktien, die über Wertpapierdarlehen – so die BaFin-Pressemitteilung – von ACS noch beschafft werden sollten, als nicht ausreichend für die Sicherstellung der Gegenleistung eingestuft. Vielmehr sei ein Kapitalerhöhungsbeschluss erforderlich. Und genau hier setzt die berechtigte Kritik des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie ein.

Immerhin sind in Spanien derzeit zwei Verfahren anhängig. So plant die spanische Aktionärsvereinigung AEMEC, die vorwiegend die Rechte der Kleinaktionäre der Grupo ACS schützt, eine Anfechtungsklage gegen Beschlüsse einer außerordentlichen ACS-Hauptversammlung, mit denen eine Kapitalerhöhung zur Finanzierung des Angriffes auf Hochtief abgesegnet wurde. Viel gravierender aber ist ein Verfahren gegen ACS mit dem schwerwiegenden Vorwurf der Bilanzfälschung. Immerhin erhebt den Vorwurf nicht irgendwer, sondern eines der seriösesten und erfolgreichsten Großunternehmen Europas, der Energieversorger Iberdrola. Dieser will den Einfluss seines Aktionärs ACS (derzeit ca. 12% bei Iberdrola) begrenzen. Iberdrola gehört mit einem Umsatz von deutlich über 25 Milliarden Euro im Gj. 2010 zu den ertragsstärksten Unternehmen. Im Gj. 2009 hat die Iberdrola SA, Bilbao, bei einem Umsatz von 24,6 Milliarden Euro einen Jahresüberschuss von über 2,9 Milliarden Euro erzielt.

Die Vorwürfe, namentlich der „vorsätzlichen falschen Buchführung“, werden im April 2011 gerichtlich in Madrid ausgetragen. Iberdrola-Chef Ignacio Sanchez Galan weist auf unterlassene Wertberichtigungen hin, die sogar ACS in die Verlustzone bringen würden. Es ist schon erstaunlich, dass die BaFin Verfahren, u.a. eines der feinsten Unternehmen Spaniens als Kläger gegen ACS, nicht abgewartet hat. Auch der Verband der Deutschen Bauindustrie stellt die Frage, weshalb die BaFin „den Weg für ein Unternehmen freimache, das nachweislich überschuldet sei“.

Muss nun Hochtief resignieren? Keineswegs, denn jetzt geht die eigentliche Überzeugungsarbeit gegenüber den Hochtief-Aktionären erst los. Das war’s dann wohl, kommentierte die F.A.Z. die BaFin-Entscheidung. Nein, dies war es eben noch nicht, denn niemand zwingt die Hochtief-Aktionäre ein „Russisches Roulette“ zu spielen und ein Angebot anzunehmen, das noch mit sehr vielen Unsicherheiten – siehe Klage von Iberdrola gegen ACS – verbunden ist. Warum soll der Hochtief-Aktionär sein Engagement bei einem hervorragend aufgestellten Unternehmen gegen eine zumindest fragwürdige Geschichte eintauschen? Wir haben es schon gesagt und sagen es noch einmal: Hochtief-Aktionäre wären ganz schlecht beraten, einen grundsoliden und sturmerprobten Winterparka (dies ist im Bild die Hochtief AG) mit einem leichten Übergangsmäntelchen einzutauschen. Jetzt können Hochtief-Aktionäre außerhalb von ACS ihren Verstand sprechen lassen: Hochtief ist die bessere Wahl.

So ganz nebenbei muss sich auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle Fragen stellen lassen. Der Minister betonte gegenüber der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf, dass es in der sozialen Marktwirtschaft nicht die Rolle des Staates sein könne, die Eigentümerstruktur einzelner Unternehmen zu beeinflussen. Als ob es im Falle Hochtief darum ginge. Niemand will ausländische Investoren vergraulen – aber die Spielregeln für ein Engagement sollten bitteschön schon eingehalten werden. Es kann nicht in Ordnung sein, dass die Grupo ACS, die durch riesige Aufträge in die spanische Infrastruktur, die auch die EU und somit der deutsche Steuerzahler mitfinanzierte, groß wurde und heute mit fragwürdigen Methoden auf Einkaufstour geht. Ein Bundeswirtschaftsminister sollte schon das gesamte Umfeld sehen – vor allem die Auswirkungen für die gesamte deutsche Wirtschaft. Hochtief ist nicht irgendwer und die Bauwirtschaft eine Schlüsselbranche der Volkswirtschaft (siehe auch Referenzen).

Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag