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Fehlerhafte Prognosen führen zu zweifelhaften Entscheidungen und gefährden Branchen wie die Stahlindustrie

Fehlerhafte Prognosen führen zu zweifelhaften Entscheidungen und gefährden Branchen wie die Stahlindustrie www.thyssenkrupp.com

Krupp Hellseher und „Experten“ haben beim Jahreswechsel Konjunktur

Die Hellseher sind wieder aktiv und unter uns! Immer zum Jahreswechsel vernehmen wir den sich stets wiederholenden Unfug: Einige Medien entwickeln erstaunliche Fähigkeiten und präsentieren uns Jahresschlussausgaben mit einer geradezu prophetenhaften Weitsicht der Wahrsagung durch Hellseher! So macht etwa ein ansonsten durchaus seriöses Wirtschaftsmagazin auf seiner Titelseite mit der Aussage „So wird 2011“ auf und bezieht dabei – einmal in Fahrt – gleich das nächste Jahrzehnt mit ein. Die Fachpostille prophezeite bereits vor einem Jahr die Entwicklung von Konjunktur, Märkte, Branchen und Unternehmen für das vergangene Jahr 2010 und lag so ziemlich daneben und befand sich damit in bester Gesellschaft mit Gutachtern aller möglichen Institutionen und, wie könnte es auch anders sein, der selbsternannten „Experten“. Das erwähnte Wirtschaftsmagazin attestierte vor einem Jahr immerhin eine Erholung aus dem tiefen Fall im Soge der Finanz- und Wirtschaftskrise – aber sie wirke zittrig und „schwungvoll geht anders“. Die Exportlokomotive Deutschland habe eine zu schwache Lok, um Investitionen mitzuziehen.

Die Realität in 2010 sah, wie wir alle wissen, anders aus. Man habe noch nie einen so starken Wirtschaftsaufschwung in Deutschland gesehen, meinte das ifo-Institut. Aus dem erwarteten „Jahr des Grauens“ wurde eine rasant wachsende deutsche Wirtschaft, kommentierte die Süddeutsche Zeitung in ihrer Weihnachtsausgabe 2010.

Die angeblich schwache Exportlok Deutschland, von der das erwähnte Magazin vor einem Jahr schrieb, entwickelte eine enorme Power. Allein in den Quartalen 1 bis 3 des Jahres 2010 exportierte Deutschland für 703,2 Milliarden Euro Waren und legte somit um 19% gegenüber dem Vergleichszeitraum 2009 zu. Im Oktober 2010 wurden lt. Statistisches Bundesamt die Exporte nochmals um 19,8% auf 86,8 Milliarden Euro gesteigert, sodass im gesamten Zeitraum Januar bis Oktober 2010 Deutschland insgesamt Waren im Wert von 790 Milliarden Euro (im Vergleichszeitraum 2009 waren es 663,5 Milliarden Euro) weltweit verkaufen konnte. Verantwortlich für die erfreuliche Entwicklung waren der Maschinenbau, die Elektrotechnik, die Chemie und die Automobilindustrie. Von Krise keine Spur mehr.

Wie konnte es passieren, dass die Hellseher vor einem Jahr so blamabel danebenlagen? Und was ist von Kapazitäten auch aus der EU zu halten, die noch vor einem Jahr von einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaftsleistung ausgingen? Der Ökonom Prof. Stefan Homburg von der Leibnitz-Universität Hannover hält von der „Weissagerei“ durch Konjunkturprognosen wenig. Er sprach sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung dafür aus, „dem Wirbel um Konjunkturprognosen ein Ende zu machen“. Da könne man Steuermittel sparen. Die Institute, so der Professor, sollten zugeben, dass ihre Aussagen nichts bringen. In der Tat haben Expertenmeinungen immer ein bestimmtes Geschmäckle des Nachweises der Daseinsberechtigung. Man malt Szenarien, tut sich wichtig und vergisst dabei, dass Entwicklungen eintreten können, die schlicht nicht vorhersehbar sind. Hinzu kommt die Tatsache, dass sich vor allem die Institute mehr oder weniger gegenseitig beäugen. Man passt sich an, damit man, wenn man sich schon blamiert, nicht alleine ist! Wir kennen diesen Effekt auch von Wahlprognosen.

Es fällt jedenfalls auf, dass sich die „Fachleute“ im Kollektiv bei der Einschätzung der Entwicklung der deutschen Wirtschaft, sagen wir es zurückhaltend, irrten! Die EU-Kommission, die Herbstgutachten der Institute, der Sachsverständigenrat, die OECD – alle gingen sie von einer bescheidenen Entwicklung der Wirtschaftskraft Deutschlands aus. Sie lagen zum Teil um mehr als 100% falsch! Solange sich die reale Entwicklung der Wirtschaft und der sie tragenden Unternehmen von dem Blödsinn des falschen Prophetentums positiv abgrenzt, kann es der Allgemeinheit gleichgültig sein, wenn die Hellseher Hiobsbotschaften verbreiten – abgesehen davon, dass in der Tat Steuermittel vergeudet werden, wenn staatliche Auftraggeber die falschen Prognosen finanzieren.

Emissionshandel gefährdet deutsche Industrie

Gefährlich wird es dann, wenn aufgrund von „Experten-Szenarien“ wirtschaftspolitische Entscheidungen gefällt werden, die für die Gesamtentwicklung kontraproduktiv sind. Ein Beispiel dafür sind unrealistische Prognosen bei der Klima-Debatte. Hier wird ein unglaubliches Schindluder mit einer an sich verantwortungsvollen Klimapolitik betrieben. Da wurden Szenarien entwickelt, beispielsweise durch den „Climagate“-Skandal mit sensationellen Enthüllungen über Fälschungen und manipulierte Daten, die unglaublich sind und den renommierten Wissenschaftler Prof. S. Fred Singer, USA, veranlassten, eine lücklenlose Aufklärung zu fordern.

Diese Szenarien, gipfelnd im Herbeizetern der Apokalypse, führten dazu, in einem fragwürdigen Aktionismus, etwa in der EU einen Emissionshandel einzuführen. Dieser Emissionshandel, dies hat jetzt in der Ausgabe vom 27.12.2010 auch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ beschrieben, wird zum enormen Kostentreiber, der ganze Industriebranchen in Deutschland gefährdet. Wer als Unternehmen im Rahmen der Produktion Kohlendioxid abgibt, muss ab 2013 über Zertifikate die sogenannten Verschmutzungsrechte (ein moderner Ablasshandel) erwerben. Der „Spiegel“ nennt dies das „größte volkswirtschaftliche Experiment seit dem Ende des Sozialismus“.

Können wir über einen überzogenen Emissionshandel in Deutschland noch wettbewerbsfähig Stahl, Aluminium, Zement, Papier und andere Produkte herstellen? Sägen wir auf der Basis von Wunschträumen sogenannter Klimaexperten, die mit ihren Erkenntnissen völlig danebenliegen können, ganze Branchen unserer Wirtschaft ab?

Die deutsche Stahlindustrie schlug jetzt Alarm! Die kurz vor Weihnachten 2010 beschlossenen Benchmarks für den Emissionshandel in der 3. Stufe (ab 2013) könne weltweit kein Stahlunternehmen mit Hochöfen erreichen; sie seien technisch nicht erfüllbar. Es sei nicht gelungen, den Klimaschsutz und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit in einer Balance zu halten, so die deutschen Stahlunternehmen. Dabei ist Stahl ein Schlüsselprodukt für den ja durchaus wünschenswerten realistischen Klimaschutz, denn ohne Spezialstähle für z.B. erneuerbare Energien im Bereich der Windenergie auf offener See oder den Automobilleichtbau können die Klimaziele nicht erreicht werden. Wenn die Klimapolitik glaubwürdig und in der Bevölkerung akzeptanzfähig bleiben soll, dann darf sie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht schmälern. Alles was übertrieben wird, seien es unrealistische Vorgaben durch übertriebene Prognosen durch selbsternannte Klimatologen oder vordergründig populistische politische Entscheidungen vor dem Hintergrund der vermeintlichen Mehrheitsfähigkeit bei Wahlen, hat auf längere Sicht keine Akzeptanz in der Bevölkerung.

Die größte Gefahr für die deutsche Wirtschaft ist nicht das Fehlen marktgängiger und technisch überlegener Verfahren und Produkte. Bedenklich sind die Vorgaben von Ideologen und durch selbsternannte Klimaschützer. Ideologen haben es beispielsweise fertiggebracht, insbesondere in den Jahren vor der Finanzkrise 2008, die Schlüsselbranche Automobilindustrie madig zu machen. Dies ging soweit, bis die Branche dann tatsächlich in Deutschland substanziell gefährdet war. Die „Grammzähler“ hätten fast Hunderttausende in Deutschland arbeitslos gemacht!

Was haben uns „Experten“ und sogenannte Propheten alles eingeredet? In den Jahren ab 1980 wurde uns jahrelang unter dem Stichwort „Waldsterben“ einsuggeriert, dass spätestens um die Jahrtausendwende 1999/2000 Jahr Deutschland keinen Wald mehr hätte. Was hat der „Club of Rome“ (ein maßlos überschätzter Zirkel) für ein hanebüchenes Weltuntergangszenarium prognostiziert? Ein Desaster wurde in den 1970er Jahren vom erlauchten Club bis zur Jahrtausendwende vorausgesagt. Wohlstandsländer wie die Schweiz würden nicht mehr bestehen und Rohstoffe wie Öl hätten ihre Endzeit erreicht. Ersparen wir uns eine aktuelle Bestandsaufnahme. Heute werden unter dem Stichwort Klimaschutz, den wir längst praktizieren, Branchen gefährdet, weil es mit anderen herbeigeredeten Szenarien (Stichwort Waldsterben) nicht mehr geht. Die Stunde der Wahrheit kommt übrigens auch für die falschen Klimaapostel. Man sieht sie bereits in einigen wichtigen Ländern wie in den USA schlicht nicht mehr für glaubwürdig an. Aber vorher dürfen sie noch im guten alten Europa die deutsche Wirtschaft kaputtmachen, weil das reale Denkvermögen vielen deutschen Parteien heute fehlt.

 

Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag