Rohrkrepierer Energiewende auch dann, wenn Strom für viele Privatkunden immer mehr zu einer nur noch schwer bezahlbaren Luxusware mutiert oder nicht mehr wie selbstverständlich unsere Wohnungen bei Stromausfällen erleuchtet werden können und die Elektroherde, Waschmaschinen, Kühltruhen oder Kaffeemaschinen für ihren Betrieb keine Elektrizität haben. Von den Auswirkungen in der Industrie ganz zu schweigen. Dunkle Wohnungen, ausfallende Lifte, lahmgelegte PC , nicht mehr funktionierende Operationssäle: man nennt so etwas Blackout! Spektakuläre Stromausfälle wie z.B. vom Juli 2019 in New York (die Megametropole wurde völlig lahmgelegt) sind künftig auch in Deutschland leider nicht mehr auszuschließen.
Ende 2021 werden drei KKW abgeschaltet
Gespenst Blackout? Keineswegs, denn durch das Abschalten der restlichen deutschen Kernkraftwerke jeweils zum Jahresende 2021 und 2022 fehlen ab 2023 und in den folgenden Jahren erhebliche Kapazitäten für die Stromerzeugung. Blackout-Risiken sind in den sogenannten „Dunkelflauten“ (beim Ausfall der erneuerbaren Energien z.B. mit der Photovoltaik) eine ernstzunehmende Gefahr. Zurecht wies Prof. Dr.-Ing. Harald Schwarz von der TU Cottbus, darauf hin, dass bei einer früh einsetzenden Dunkelheit im Winter die Stromerzeugung mit Photovoltaik defacto gegen null tendiere, obwohl erhebliche Kapazitäten installiert sind. Bisher wurde der Ausfall durch die konventionellen Kraftwerke (vorwiegend Kohle- und Kernkraftwerke) ausgeglichen, doch diese fehlen zunehmend, wenn an den derzeitigen Energie-Planungen festgehalten wird.
In wenigen Tagen, am 31.12.2021, werden von den noch in Deutschland produzierenden sechs Atomkraftanlagen drei Kraftwerke abgeschaltet: Grohnde in Niedersachsen mit 1.430 MW, Brokdorf in Schleswig-Holstein mit 1.480 MW und Grundremmingen in Bayern mit 1.480 MW. Es verbleiben dann bis zum 31.12.2022 nur noch die KKW Isar 2 mit 1.485 MW, Emsland mit 1.400 MW und Neckarwestheim mit 1.400 MW.
Eine seit November 1960 durch die damalige Inbetriebnahme des Versuchsreaktors Kahl/ Aschaffenburg (Unterfranken) bestehende deutsche Energiegeschichte Kernenergie wird mit dem Abschalten jeweils zum Jahresende 2021 und 2022 beendet. Es war die autokratische Altkanzlerin Angela Merkel, die nach Fukushima (März 2011) das Ende der deutschen Atomenergie – einst von allen Parteien einschließlich der Sozialdemokratie hochgelobt – verkündete.
Deutschland in der Außenseiterrolle
Doch immer mehr befindet sich Deutschland inzwischen in einer Außenseiterrolle – insbesondere in Europa: „Freund und Nachbar“ Frankreich hat soeben durch seinen Präsidenten den weiteren Ausbau der Kernenergie u.a. auch mit „Small Modular Reactors“ verkündet. Den gleichen Weg mit Rolls-Royce Atomreaktoren beschreitet das Vereinigte Königreich. Gleichzeitig entsteht dort derzeit mit zwei Reaktoren die Großanlage Hinkley Point. Tschechien hat für zwei weitere Blöcke am KKW-Standort Dukovany dem Energiekonzern CEZ die Baugenehmigung erteilt. Polen will mit kleineren Nuklearanlagen seine Industrie mit Energie versorgen und setzt im Übrigen auf die Kohleverstromung; Slowenien diskutiert über einen zweiten Reaktor am Standort Krsko. Selbst Italien erwägt inzwischen den Einstieg in die Atomenergie. Die EU sieht in der Kernenergie eine Option, um klimaschädliche Emissionen zu reduzieren.
Weltweit befinden sich 2021 in 33 Ländern 441 Kernkraftwerke in Betrieb. Zur Zeit sind weitere 54 KKW im Bau – davon allein in China 11 Anlagen. Während in einer völligen Verkennung und Verblendung das kleine Deutschland klimapolitisch die Welt retten will (darüber wird im Ausland bei Fachleuten nur milde gelächelt), setzt aktuell China auf neue Innovationen z.B. mit dem Pilotprojekt eines Thorium-Reaktors. China entwickelt sich immer stärker auch zum technologischen Vorreiter.
Deutschland verspielt hingegen immer mehr seine früheren Stärken und verschläft die Entwicklung. Der Erfolgsmanager Wolfgang Reitzle (u.a. Linde und BMW) hat bereits als Gast auf einem FDP-Parteitag die Frage gestellt, wo Deutschland eigentlich noch führend sei! Über Wasserstoff als zukunftsfähige Energie wird z.B. in Deutschland viel geredet – das war es dann aber auch schon …
Deutschland ist nach Fukushima das einzige Land, das aus der Kernenergie aussteigt – eine völlig unverständliche Entscheidung, weil gleichzeitig auch der Ausstieg aus der traditionsreichen Kohle beschlossen wurde. Und dies im Umfeld eines zunehmenden Bedarfs an Elektrizität! Die Versorgungssicherheit ist auch deshalb gefährdet, weil zusätzlich in der Zeitachse des Kohle-Ausstieges die Umstellung auf die E-Mobilität zu einem erheblichen Anstieg des Strombedarfs von bis zu 30% bei ihrer Umsetzung führen wird. Immerhin bewegen sich auf Deutschlands Straßen 49 Millionen zugelassene PKW.
Nicht zu verachten ist der zunehmende Bedarf an Elektrizität durch die Digitalisierung mit dem notwendigen Zubau von riesigen stromintensiven Rechenzentren sowie der ansteigende Stromverbrauch der Informations- und Kommunikationstechnologie in den privaten Haushalten. Vor diesem Hintergrund und dem Gebot der Versorgungssicherheit, ist der deutsche „Sonderweg“ in der Energiepolitik fast schon unverantwortlich.
Anstelle riesige milliardenschwere getätigte Investitionssummen für modernste Kraftwerke (dies schließt innovative und umweltschonende Kohlekraftwerke – z.B. der Block 9 beim Großkraftwerk Mannheim oder Datteln IV in NRW – mit ein) zu vernichten, hätte gerade Deutschland mit seiner Ingenieurkompetenz die CO 2 – Emissionen mit technologischen Mitteln und Referenzanlagen bekämpfen müssen und nicht mit Windrädern, die alles andere als umweltfreundlich sind. Allein für die Fundamentierung einer einzigen Windkraftanlage werden ca. 1.300 Kubikmeter Beton und 180 Tonnen Stahl benötigt. Bei den ca. 30.518 deutschen Windkraftanlagen wurde die unglaubliche Menge von 39.673.400 Kubikmeter Beton verbaut. Die Zement- bzw. Betonherstellung gehört zu den CO2-intensivsten Branchen.
Vor einigen Jahren standen deutsche Ingenieure und Firmen wie Siemens vor dem Durchbruch für das vollkommen CO-2 freie Kohlekraftwerk. Es hätte ein Exportschlager für die Weltmärkte werden können. Doch die verdienstvolle Kohle, die einmal die deutsche Bevölkerung vor dem Erfrieren nach dem 2. Weltkrieg rettete, wurde zum Reizwort. Die Kohle und die Kernkraft wurden zum Reibeisen einer ideologisch einseitig ausgerichteten Energiepolitik, der aber das Ausland nicht gefolgt ist – im Gegenteil! Deutschland hat wie so oft mal wieder Chancen verspielt.
Regenerative können in Deutschland die konventionellen Kraftwerke nicht ersetzen
Doch wie einleitend festgestellt – die Stunde der Wahrheit kommt. Trotz der enormen Subventionierung der „Erneuerbaren“, kam etwa die Windkraft mit einer nicht zu übersehenden Verschandlung der Landschaft im abgelaufenen 3. Quartal 2021 über einen Anteil (Land und See) von 16,6% bei der Stromerzeugung nicht hinaus. Die Kohle (Braun- und Steinkohle) erreichte hingegen 31,9%. Insgesamt erzielen die Erneuerbaren (Wind, Photovoltaik, Sonstige) ohne die konventionellen Wasserkraftwerke (4,2%) einen Anteil von 38,9%. Die konventionelle Stromerzeugung (Kohle, Kernenergie, Erdgas, unbedeutend auch Ölkraftwerke) kam auf 56,9%.
Auch im Gesamtjahr 2021 (inkl. dem hochgerechneten Dezember) betrug der Anteil der Erneuerbaren Stromerzeugung lediglich lt. aktueller BDEW-Meldung 40,9% von einer Bruttostromerzeugung von 582,2 Milliarden kWh (Quellen BDEW, Destatis, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie).
Wie bei dieser Ausgangslage – und dies nach Jahrzehnten der Förderung – die Erneuerbaren Energien die konventionelle Stromerzeugung (Kohle, Gas und Kernkraft) ersetzen soll, bleibst einstweilen noch ein Geheimnis. Auf dem Papier werden Wunschzahlen für die Erneuerbaren hochgerechnet – doch Papier ist ja bekanntlich geduldig. Die Stunde der Wahrheit rückt näher. Aber es ist zu hoffen, dass große Unterbrechungen in der Stromversorgung mit konventionellen Backups vermieden werden können. Eine Rückbesinnung zur Vernunft wäre in der Energiepolitik zielführend.