Zwar sieht es bei den Unionsparteien CDU und CSU in der Häufigkeit des Personalwechsels an der Parteispitze „entspannter“ aus, doch dies kann sich jetzt schnell für die Union ändern. Auf die „Langzeitvorsitzende“ der CDU, Angela Merkel, folgte Annegret Kramp-Karrenbauer. Doch auch über diese Personalie wird bereits innerhalb der Unionsparteien diskutiert; ob sie geeignet sei, etwa auch als Kanzlerin, die frühere große bürgerliche Kraft aus dem derzeitigen Desaster nach der EU-Wahl zu führen. Denn die Union und ihre Vorsitzende müssen durch die desolate Momentaufnahme der Sozialdemokratie davon ausgehen, nach einer durchaus möglichen Neuwahl des Bundestages nach den kommenden Landtagswahlen 2019 in Mitteldeutschland plötzlich ohne Koalitionspartner zu sein, weil die SPD keine neue Koalition mit der Union eingehen will. Einen „neuen“ Koalitionspartner könnte es für die Union geben, wenn sie sich mit der Rolle eines Juniorpartners bei den stärker werdenden Grünen abfindet. Noch erscheint dies unvorstellbar, doch das Beispiel des früheren schwarzen Kernlandes Baden-Württemberg zeigt, dass das „Undenkbare“, das Unterordnen der großen CDU unter einem grünen Regierungschef möglich ist. Freilich würde eine derartige Konstellation auf Bundesebene eine Palastrevolution in den Unionsparteien zur Folge haben. Aus heutiger Sicht könnte nach den jüngsten Umfragen auf Bundesebene die Union von den Grünen – wer hätte dies je gedacht – überholt werden.
Pest oder Cholera
Auf der anderen Seite ist es durchaus möglich, dass, ebenfalls unter einer grünen Kanzlerschaft, eine grün-rot-rote Koalition – der Super-Gau – gebildet wird, denn für ein schwarz-gelbes Bündnis Union und FDP wird wohl die parlamentarische Mehrheit im künftigen Bundestag fehlen. Grün-Schwarz oder Grün-Rot-Rot (SPD und die Linke)? Beides wirkt auf Bundesebene nicht nur auf die Stammwähler der Union wie Pest oder Cholera! Wie auch immer; die Unionsparteien stehen wie die SPD vor der Zerreißprobe. Wirtschaftsunion, Werte-Union inkl. „Berliner Kreis“: sie alle werden sich kaum den fundamentalistischen Grünen unterordnen. Auch die Union stünde plötzlich nach einem möglichen Abspalten von Werteunion bzw. „Berliner Kreis“ vor der Bedeutungslosigkeit, es sei denn, die Union würde das derzeit noch Undenkbare, eine Neubewertung der AfD, wagen. Denn irgendwann wird das konservative Lager die AfD noch gebrauchen und sei es nur für eine Tolerierung einer Minderheitsregierung, die von der Union angeführt werden könnte. Ansonsten droht in der Tat die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Warum Pest und Cholera? Weil die Grünen letztendlich eine ideologische Partei sind. Sie kann außer dem Verbreiten einer Angstkultur (Kernenergie, Verteufelung des Diesels und aktuell die Klimahysterie) für eine alltagstaugliche Realpolitik wenig bieten. Dies haben inzwischen auch seriöse Journalisten wie Stefan Aust, immerhin langjähriger Chefredakteur des SPIEGEL und derzeitiger Herausgeber der Tageszeitung „Die Welt“, erkannt: „Irgendwann, vielleicht bald, wird man über den Windkraftwahn der Deutschen lachen“, kommentierte Aust in der „Die Welt“. Er empfahl abzuwarten, bis der Klimahype abgeklungen sei. Solange kann man aber nicht warten, vor allem dann nicht, wenn es zu einer grünen Kanzlerschaft kommen würde. Zu groß wäre der vermutlich angerichtete Schaden für die Wirtschaft und den Wohlstand, wenn immer mehr Unternehmen in Deutschland keine Zukunft als Industriestandort sehen würden. Bereits heute verlassen viele qualifizierte jüngere Leistungsträger und Akademiker Deutschland – eine Abstimmung mit den Füßen…
Nicht nachäffen – Profil schärfen
Und die SPD? Sie sucht ihr Heil in einem weiteren Abdriften in Richtung der Linkspartei und merkt nicht, dass im Zweifelsfalle die Wähler das Original vorziehen. Das gilt insbesondere beim Anbiedern der Partei an Vertreter der Weltuntergangsszenarien. Warum SPD wählen, wenn es doch die Grünen gibt? Nein, sowohl die Unionsparteien als auch die Sozialdemokratie müssen wieder ihr eigentliches früheres Profil schärfen, sie müssten eigentlich gemeinsam die Grünen als populistische Partei entlarven, die in der Praxis, außer Atom, Atom, Atom und Klima, Klima, Klima, nur wenig anzubieten hat. Gegen die Klimahysterie und wenn wirklich etwas gegen CO2 getan werden soll, würde übrigens die Kernkraft helfen und deshalb erlebt diese Energie in vielen Ländern wieder eine Renaissance. Die Welt und Deutschland haben – vielleicht von der typisch deutschen Klimahysterie abgesehen – ganz andere Probleme in den Bereichen internationale Sicherheit und Außenpolitik, Globalisierung und neues politisches Koordinatensystem oder zur Frage der Zukunft der Arbeit im digitalen Zeitalter und ganz allgemein zur Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland. Hinzu kommt das große innenpolitische Thema des traurigen Auseinanderdriftens Deutschlands durch die Entwicklungen in Mitteldeutschland. Weiter, wie soll unter einem grünen Kanzler die Steuerpolitik aussehen? Welche Maßnahmen gegen die zunehmende Verschuldung Deutschlands, welche Rezepte hätte ein grüner Bundeskanzler für ein geordnetes Verhältnis Deutschlands zu den Weltmächten USA und Russland? Wo wäre der Platz Deutschlands bei einer grün-rot-roten Bundesregierung, sollte der Iran vielleicht doch Israel angreifen und welche Rolle sollte in einer grün-geführten Bundesregierung Deutschland in der Welt einnehmen. Auf all diese Themen haben die Grünen keine vernünftigen Antworten.
Alarm durch Unternehmer
Freilich versagt auch derzeit, nicht zuletzt aufgrund der Selbstbeschäftigung von Unionsparteien und SPD, die noch amtierende GroKo. Und zwar ganz erheblich. Die Kanzlerin hält völlig unmaßgebliche Reden wie jüngst an der Harvard-Universität in Boston (beleidigt dabei weltfremd verschlüsselt den amtierenden US-Präsidenten in seinem Land), ist hier und dort und dies vor dem Hintergrund, dass zuhause fast schon die Hütte brennt. Wirtschaft und Unternehmer halten immer weniger mit ihrer Kritik zurück. Ob adidas-Chef Kasper Rorstedt, Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle oder BDI-Präsident Dieter Kempf: die Vorhaltungen an Merkel & Co werden lauter. Es geht immer um das Einklagen von Grundsatzentscheidungen, sei es in der Digitalisierung oder im Angehen der Standortnachteile und der damit verbundenen Zukunftsfähigkeit der deutschen Unternehmen. Jetzt legte der Großunternehmer Reinhold Würth (Befestigungstechnologie) nach und reklamierte Defizite in der notwendigen Förderung der Eliten (die verstärkt ins Ausland abwandern) oder die völlig falsche Energiepolitik. Dabei kritisierte er auch den Ausstieg aus der Kernenergie. Bereits im vergangenen Jahr kritisierte Heinz Hermann Thiehle (Knorr-Bremse AG) das ihn „fassungslos“ machende Erscheinungsbild der Bundesregierung: „Qualifikation und Verantwortung sind in dieser Regierung nicht mehr erkennbar“, so Thiele auf einer Veranstaltung der „Passauer Neue Presse“.
Es spricht eigentlich für die immer noch vorhandene substanzielle Stärke der deutschen Wirtschaft, dass sie trotz der enormen Defizite der derzeitigen Bundesregierung den Stürmen noch Stand halten kann. Wie lange noch? Es ist Eile geboten. Die ehemaligen Volksparteien müssen sich schleunigst reformieren – aber nicht in falsche Richtungen. Am Bedeutungsverlust von Union und Sozialdemokratie kann eigentlich ernsthaft niemand – vielleicht von den Grünen und der Linkspartei abgesehen – interessiert sein. Aber die Parteien brauchen endlich neben der Rückkehr zu ihrer jeweiligen Wählerklientel auch frische Köpfe als Sympathieträger.