Hintergrund für die Aufgeregtheiten ist der Begriff der „deutschen Leitkultur“ im Thesenpapier des Ministers. Eigentlich listete de Maizière Selbstverständlichkeiten auf. Aber prompt gab es, was beim verbrämten Weltbild insbesondere der Grünen und der Linken nicht weiter verwunderlich ist, ideologisch begründete Kritik der genannten Parteien. Dass sich aber auch die SPD anschloss und sogar durch die von der Partei gestellten „Integrationsbeauftragten der Bundesregierung“, Aydan Özoguz, die deutsche Kultur in Frage stellte, ist schon mehr als erstaunlich. Schließlich wollte sich auch FDP-Chef Lindner wichtigtun. De Maizière, so Lindner, wolle nur sein eigenes Profil schärfen. Als ob dies die Kernfrage des Thesenpapiers sei.
Es geht beim längst fälligen Thesenpapier um eine Richtschnur, wie Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen in Deutschland leben können oder sollen. Bei den jetzigen politischen Diskussionen gehen leider Selbstverständlichkeiten unter. Zu diesen gehört auch die Bereitschaft der Zuwanderer, gerade wenn Integration kein leerer Begriff sein soll, die Lebensgewohnheiten, Gebräuche, Sitten und Feste des gastgebenden Landes und seiner Bürger zu respektieren. Dies heißt ausdrücklich nicht, dass Zuwanderer ihre eigene Kultur nicht pflegen dürften. Aber es ist wohl selbstverständlich, dass sich die Deutschen, die so großartige Kulturschaffende wie Goethe, Schiller, Bach, Beethoven oder Wagner (um nur wenige Beispiele zu nennen) hervorbrachten und somit die Weltkultur bereicherten, zu ihrer eigenen Identität und Kultur bekennen.
Keine deutsche Kultur?
Doch genau die deutsche Kultur, so die SPD-Frau und Integretationsbeauftrage Aydan Özoguz (1958 kamen ihre türkischen Eltern als Gastarbeiter nach Deutschland), gäbe es nicht. „Eine spezifische deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar“, schrieb sie in einem Beitrag für den „Tagesspiegel“ in Berlin. Und überhaupt: „Die Beschwörung einer Leitkultur schaffe dagegen nicht Gemeinsamkeit, sondern grenzt aus“, meinte sie. Soll man zu diesem hanebüchenen Unfug noch etwas sagen? Wohl kaum, das Gerede entlarvt sich von selbst.
Immerhin – Frau Özoguz ist stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD! Die Zuwanderer dürfen also, übersetzt man die Meinung der Integrationsbeauftragten, ihre Gebräuche – was niemand in Abrede stellt – in Deutschland ausleben; die gastgebenden Deutschen haben sich aber anzupassen, damit Zuwanderer ja nicht durch „unsere“ Symbole und Anschauungen geschockt werden.
Wenn das, die Kritik und Verneinung einer deutschen Leitkultur, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration etwa muslimischer Zuwanderer sein soll, dann käme dies der Kapitulation der Deutschen gegenüber ihrer Kultur gleich. Eine derartige Kapitulation beschreibt der angesehene französische Schriftsteller Michel Houllebecq in seinem vielbeachteten Buch „Unterwerfung“. Im Buch konvertiert schließlich ein Universitätsprofessor der Sorbonne zum Islam, nachdem der fiktive Mohammed Ben Abbes Präsident der Republik in Frankreich wurde und Schritt für Schritt die Umerziehung und Unterwerfung des französischen Volkes begann. Auch die französischen Medien haben dabei im Buch eine unrühmliche Rolle gespielt.
Eigentlich hätte Frau Özoguz nur „googeln“ müssen. Dann hätte sie gewusst, dass am 30. September 2008 im SPD-Organ Vorwärts der ehemalige Bundestagspräsident und Frontmann der SPD, Wolfgang Thierse, ausdrücklich betonte, dass Deutschland sehr wohl „Dank der Politik der SPD verstärkt zu einer Kulturnation geworden“ sei. Aber offensichtlich gilt diese Feststellung von Wolfgang Thierse für Teile der heutigen Führungsriege der SPD nicht mehr – ansonsten hätte man ja das türkischstämmige SPD-Vorstandsmitglied Özoguz zurückpfeifen müssen. Auch da ist der neue Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz abgetaucht. Lieber überhaupt nichts sagen – da macht man nichts verkehrt, so offensichtlich die These von Schulz. Die SPD war ja schon immer anpassungsfähig, notfalls gegenüber den eigenen Leuten. Anstelle das törichte Gerede von Frau Özoguz vom Fehlen einer deutschen Kultur energisch zurechtzurücken, spricht der SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sogar von einer „peinlichen Inszenierung“ beim Thesenpapier Leitkultur. Man fragt sich, weshalb ein gesunder Patriotismus – was beileibe nichts mit einem Nationalismus zu tun hat – peinlich sein soll.
Da sind die Grünen im Gegensatz zur SPD in ihrer Verbrämtheit wenigstens glaubwürdiger, weil sie nicht um den heißen Brei herumreden. Jürgen Trittin, wieder ganz im alten extrem-ideologischen und klassenkämpferischen (Superreichensteuer) Fahrwasser, sieht in der deutschen Leitkultur durch das Thesenpapier von Innenminister Thomas de Maizière eine „pure rechte Stimmungsmache“. Nun könnte man ja schlicht bei diesem „Geschwätz“ zur Tagesordnung übergehen mit dem Ruf „Nur weiter so“ – die Wahlergebnisse von Nordrhein-Westfalen lassen grüßen und zwar für die SPD und die Grünen. Unsinniges Gerede der SPD-Frau Aydan Özoguz und des Grünen Jürgen Trittin sind schließlich die besten Argumente, SPD und Grüne bei Wahlen eben nicht zu wählen.
Zum Thema „pure rechte Stimmungsmache“ nur so viel: Am 7. Mai 2017 wurde Emmanuel Macron Präsident der Republik in unserem Nachbarland. Was völlig hier unterging, war am Wahlabend das stolze Schwenken der Trikolore, der französischen Flagge, als Macron als Wahlsieger gefeiert wurde. Ein Meer von Fahnen; selbstverständlich schloss Macron seine Rede vor seinen Anhängern mit den Worten „Es lebe die Republik, es lebe Frankreich“. Dies ist in Frankreich ganz normal. Man stelle sich einmal das zynische Geschimpfe in Deutschland vor, wenn Ähnliches hier passieren würde. Populistische Szenerie wäre noch das Harmloseste! In Deutschland können sich ja die Grünen, die immer mehr zur Miesepeter-Partei werden, schon darüber aufregen, wenn bei Europa- oder Weltmeisterschaften im Fußball die Bürger ihren Balkon oder Garten sowie ihr Fahrzeug mit der Deutschland-Fahne schmücken. Dies sei Deutschland-Tümmelei. Dazu muss man nichts mehr sagen …
Ein Kreuz mit dem Kreuz
Wie verschroben inzwischen schon unsere Grundwerte durch Linke und Grüne – und leider auch durch führende Sozialdemokraten – gesehen werden, zeigen auch die aktuellen Diskussionen um ein Kreuz beim Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses. Konnte man vor Jahren noch darüber streiten, ob der zu DDR-Zeiten gebaute und für das Stadtschloss nach der Wiedervereinigung wieder abgerissene „Palast der Republik“ (vorher natürlich saniert und asbestbereinigt) eine Zukunft als großzügiges Kongress- und Konferenzzentrum haben könnte, dürfte es doch wohl selbstverständlich sein, beim Wiederaufbau des Schlosses auf das Kreuz oben auf der Kuppel eben nicht zu verzichten. Denn ein wichtiges Kriterium für den Wiederaufbau war die Anlehnung an das äußere historische Erscheinungsbild – mit der Kuppel und mit dem Kreuz.
Weshalb das Kreuz auf dem Berliner Stadtschloss Gefühle anderer Kulturen verletzten soll, steht in den Sternen. Die Stiftung Zukunft Berlin sieht gar im Kreuz auf der Kuppel eine „Hierarchisierung“ der Kulturen. Welch ein Unfug! Gegenüber dem Berliner Stadtschloss befindet sich der Berliner Dom – für ältere Berliner heute noch der „Hohenzollern-Dom“ mit der Gruft der Hohenzollern. Soll auch beim Berliner Dom das Kreuz als Symbol der Christenheit abgenommen werden? Wo läge der Unterschied zum Schloss – Kreuz ist Kreuz! Im Übrigen kann schon deshalb von einer Hierarchisierung durch das Kreuz auf der Schloss-Kuppel nicht gesprochen werden, weil sich ganz im Gegenteil „unsere“ Kirchen in der Hierarchie selbst anbiedern und unterordnen.
Ein Beweis war der Verzicht des Kreuzes auf ihren Gewändern beim Besuch des Tempelberges in Jerusalem durch Kardinal Marx und Landesbischof Bedfort-Strohm, gleichzeitig Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Welch ein Kontrast zur Reise von Papst Benedikt in die Türkei im November 2006. Selbst beim Besuch der Blauen Moschee in Istanbul trug das Kirchenoberhaupt selbstverständlich das Kreuz; dies haben die türkischen Gastgeber respektiert. Wer es von den muslimischen Bürgern in Deutschland mit der Integration in unserem Land ernst nimmt, wird sich wohl kaum an einem Kreuz stören, ebenso daran, dass es als Hilfsorganisationen das „Rote Kreuz“ und eben den „Roten Halbmond“ gibt. Die Organisationen arbeiten übrigens gut zusammen.