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Unnötige Eigentore beim Dieselantrieb

Unnötige Eigentore beim Dieselantrieb Bosch

Gibt die Autoindustrie den Diesel auf?

Wo bleibt der unternehmerische Mut? Knicken jetzt die Automanager beim aktuellen Trommelfeuer gegen den Diesel vor dem vereinigten Kraftwerk des Einheitsjournalismus und der selbsternannten Verkehrsfachleute ein? Es sieht leider so aus. Die Kapitulation einiger Autochefs vor Medien, die oft kritiklos ohne Background die angeblich richtigen Argumente der selbsternannten Umweltschützer der Nichtregierungsorganisationen übernehmen, ist offenbar da!

Man kennt das von der Politik. Ihre Repräsentanten biedern sich jeder marktschreierischen Kampagne in den Schlagzeilen an. Nicht mehr das ausgewogene Argument ist das Maß der Dinge, sondern die veröffentlichte Meinung, die ja – wenn man nicht mitzieht – Wählerstimmen kosten könnte. Seit dem 3. September 2015 – da wurden Differenzen in den USA bei Abgaswerten von VW-Fahrzeugen bekannt – wird nun der Diesel als bewährte Antriebstechnik in den Sumpf gezogen. Für alles Mögliche und Unmögliche wird er jetzt verantwortlich gemacht. Eine veraltete „Stinkertechnik“, die auf den Straßen nichts mehr zu suchen hätte, sei der Diesel. Es ist müßig, auf den zum Teil hanebüchenen Unsinn einzugehen. In unserem Special Dieseltechnologie sowie in verschiedenen weiteren Beiträgen auf unserer Homepage sind wir erschöpfend auf die Diskussionen eingegangen.

Eigentore

Anstelle mit Argumenten zu kämpfen – da hat das „manager magazin“ (7/2016) recht – ist der Verband der Automobilindustrie (VDA), von verbalen allgemeinen Erklärungen abgesehen, regelrecht abgetaucht. Ein kämpferisches Engagement für den Diesel, das schon vor Monaten Volkmar Denner, Chef der Bosch Gruppe, forderte, blieb aus. Im Gegenteil, die Eigentore nehmen zu. So hat jetzt VW-Chef Matthias Müller gegenüber dem „Handelsblatt“ die Zukunftsfähigkeit des Diesels bezweifelt. Es stelle sich die Frage, ob man noch den Diesel weiterentwickeln solle. Der Vergleich Abschied des Verbrennungsmotors mit der Energiewende sei „ein durchaus passender Vergleich“. Auf gut deutsch: Müller resigniert und will vor allem auf den Elektroantrieb setzen, obwohl weltweit derzeit noch offen ist, ob sich diese Technik gegenüber der Brennstoffzelle oder dem Gasantrieb international durchsetzen wird und vor allem vor dem Hintergrund, dass gerade der Elektroantrieb ein „umweltpolitischer Trugschluss“ ist, wie Bjorn Lomborg meint (siehe unseren Beitrag Kaufprämie für Elektroautos auf www.zielgruppen-medien.de). Es ist also durchaus möglich, dass Müller auf das falsche Pferd setzt, denn der weltweite Markt wird keineswegs in Deutschland entschieden.

Verwunderlich ist die Kehrtwende von Müller auch deshalb, weil er auf seiner ersten Pressekonferenz als neuer VW-Chef am 10. Dezember 2015 noch ein flammendes Bekenntnis zum Diesel abgab: „Es gibt keinen Grund, den Diesel schlechtzureden, sofern die Stickoxid-Werte in Ordnung sind; es sollte uns gelingen, das Image des Diesels zu verbessern.“ Da präsentierte er sich noch selbstbewusst: „Ich glaube nicht, dass ich dort (in den Vereinigten Staaten) auf die Knie fallen werde; ich werde selbstbewusst auftreten. Der Fehler ist uns passiert, wir sorgen dafür, dass er aufgeklärt wird und uns so etwas nicht mehr passiert.“

Was ist nun in gut sechs Monaten passiert, was führte zum Meinungsschwenk von Müller. VW will also im Rahmen seines soeben verkündeten Strategiewechsels weg vom Diesel, obwohl dieser im Gegensatz zu Müllers Meinung aus Sicht der internationalen Fachwelt sehr wohl noch ein unglaubliches Potenzial hat. Dies war jedenfalls die vorherrschende Meinung auf dem „37. Internationalen Wiener Motorensymposium“ in Anwesenheit zahlreicher internationaler Fachleute. Der Diesel lebe, leiste einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen und passe noch sehr lange in die automobile Welt.

Herausforderungen annehmen

Insbesondere die deutsche Technik zeichnete sich immer dadurch aus, dass sie Herausforderungen annahm. So sehen dies auch die zahlreichen deutschen Zulieferer wie Bosch oder der Abgasspezialist Eberspächer (einer der Weltmarktführer in der Abgastechnik).

Nicht resignieren gilt, sondern technische Problemlösungen finden. Der jetzt verkündete VW-Abgesang auf den Diesel könnte auch für VW und die deutschen Autozulieferer fatale Folgen haben, denn noch hat die Branche keine Alternative. Bereits bei der letzten Autokrise in Sogwirkung der Finanzkrise 2008, wurde wöchentlich „eine andere Sau durch das Dorf getrieben“ – schon 2008 wurde so getan, als stünde der Elektroantrieb vor dem Durchbruch. Was ist in diesen immerhin schon gut sieben Jahren seit dem damaligen Gerede um den Elektroantrieb geschehen? Das Batterien-Problem ist großtechnisch immer noch nicht gelöst, die Reichweite kann man nach wie vor getrost vergessen. Selbst Batterien der neuesten Generation, Lithium-Schwefel-Akkus, befinden sich noch im Anfangsstadium der Entwicklung. Mit einer Marktfähigkeit wird vor 2025 nicht gerechnet. Und bei der Infrastruktur (Ladevorrichtungen) stimmt es hinten und vorn nicht. Eine länderübergreifende Lösung ist weit und breit nicht in Sicht.

Vor diesem Hintergrund ist es geradezu auch im Interesse von VW gefährlich, den Diesel voreilig abzuschreiben. Dies führt zu einer schlimmen Verunsicherung der Autokäufer, die letztendlich dann wieder VW negativ zu spüren bekommt, wenn die Kunden keine Dieselfahrzeuge mehr kaufen. Ganz abgesehen vom Stellenwert für deutsche Arbeitsplätze. Allein bei Bosch „hängen“ am Diesel 50.000 Arbeitsplätze! Ein überhastetes Abschreiben des Diesels könnte die deutsche Volkswirtschaft empfindlich treffen und zu einem enormen Verlust von Arbeitsplätzen führen. In einem bemerkenswerten Beitrag in der „FAZ“ unter der Überschrift „Der eigentliche Dieselskandal“ hat nunmehr Prof. Dr. Thomas Koch (Institutsleiter am renommierten Karlsruher Institut für Technologie – KIT) darauf hingewiesen, dass eine fundierte Erörterung des Diesels kaum stattgefunden habe.

Vorherrschend seien willkürliche Aussagen über Emissionsverhalten und Immissionsbelastung, die zu einer Verunsicherung der Bevölkerung führen würden. So sei z.B. die CO2-Emission beim Diesel besser als die eines Elektrofahrzeuges auf Basis der deutschen Stromerzeugung. Auch würden die enormen Fortschritte bei den Stickoxiden nicht berücksichtigt. Als Beispiel nannte der Professor Stuttgart, 2006 hätte es 853 Überschreitungsstunden gegeben; 2014 noch 36! Der Jahresmittelwert sei um 30% gesunken. „Die Luft wird kontinuierlich besser“ – so Koch. Der eigentliche Skandal bei den Dieseldiskussionen sei nicht der Umweltbeitrag. Es sei vielmehr die Intensität der Empörung.

Wir leben in einer Zeit, in der leider nur in Etappen gedacht wird. Gefordert ist ja schnell. So wird medienwirksam ein Dieselverbot in den Innenstädten gefordert. Wenn dann unsere Städte veröden, wenn auch die letzten Einzelhandelsstrukturen zusammengebrochen sind, schleichen sich die Befürworter der Fahrverbote in die Büsche davon. Verantwortliches Handeln sieht anders aus. Wir haben es schon oft gesagt: Es ist ja nicht so, dass die Luftverhältnisse nicht erheblich besser geworden wären. Es ist geradezu Revolutionäres in Sachen Luftverbesserung geschehen. Die Menschen werden immer älter – so schlecht können also unsere Lebensbedingungen nicht sein!

Was ist zu folgern in den Chefzimmern der Automanager? Mehr Überzeugungsarbeit für den Diesel leisten, argumentieren und kämpfen für eine keineswegs veraltete Technik – Medien hin, Medien her.

Letzte Änderung am Mittwoch, 19 April 2017 13:31
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag