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Rutscht Deutschland wirtschaftlich ab?

Deutschlands Wirtschaftskraft beruht auch auf seiner Exportstärke u.a. mit Fahrzeugen und Investitionsgütern – doch es ziehen dunkle Wolken auf. Deutschlands Wirtschaftskraft beruht auch auf seiner Exportstärke u.a. mit Fahrzeugen und Investitionsgütern – doch es ziehen dunkle Wolken auf. © HHLA/Thies Rätzke

Die negativen Botschaften nehmen zu

Noch übertüncht in Deutschland das gute Konjunkturbarometer für das gerade beendete Schlussquartal 2018 die aufkommenden negativen Klingelzeichen. Nach einem aktuellen Standort-Länderindex des renommierten Instituts „ZEW – Leibnitz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim“ nimmt Deutschland nur noch den 16. Platz ein und verschlechterte sich somit um vier Plätze gegenüber der entsprechenden Analyse von 2016. An der Spitze stehen die Schweiz, vor – dies überraschte angesichts der Brexit-Diskussionen – dem Vereinigten Königreich und den USA. Die Studie untersuchte im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen verschiedene Standortfaktoren in 21 Industriestaaten der OECD und kann unter www.familienunternehmen.de eingesehen werden.

Insbesondere auf den Feldern Steuerpolitik und Erbschaftssteuerreform, Arbeitskosten, Strompreise, digitale Infrastruktur – die nur durchschnittlich sei – und den zu niedrigen Staatsausgaben für Bildung, hat Deutschland erheblich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Bei den Strompreisen nimmt Deutschland inzwischen mit 0,127 Euro je Kilowattstunde den traurigen vorletzten Platz der untersuchten Länder ein. Lediglich Italien hat höhere Strompreise. Positiv ist allerdings, dass das enttäuschende Abschneiden des Wirtschaftsstandortes Deutschland noch nicht zu einer Flucht der deutschen Familienunternehmen im großen Stil führt. Die Familienunternehmen als eine wesentliche Stütze der deutschen Wirtschaft sind im Gegensatz zu den großen globalen Kapitalgesellschaften „bodenständige, heimattreue Unternehmen“, sagte Friedrich Heinemann, Leiter des Projektes der Studie Länderindex am ZEW.

Weitere Hängepartien

Aber nicht nur die ZEW-Studie lässt aufhorchen. Eine offene Hängepartie für die deutschen Industrieunternehmen sind auch weiterhin protektionistische Handelsfragen, die Entwicklung in China sowie die noch offenen Auswirkungen des Brexit. In China ist der für die deutsche Automobilindustrie so wichtige Markt im vergangenen Jahr bereits geschrumpft. Auf der anderen Seite hat der Industrieverband BDI in einem aktuellen Positionspapier darauf hingewiesen, dass China sowohl die EU insgesamt als auch Deutschland vor wachsende Herausforderungen „mit seiner staatlich gelenkten Volkswirtschaft“ stelle. China bleibe zwar wichtiger Partner, sei jedoch zugleich Wettbewerber geworden, betonte BDI-Präsident Dieter Kempf. Immer noch würden Märkte und Preise durch staatliche Eingriffe verzerrt. Auch deshalb seien, so der BDI, deutsche Firmen im „Systemwettbewerb“ mit China benachteiligt.

Unendliche Dieseldiskussionen schaden der Wirtschaft

Auch die schier unendlichen – auch aktuell wieder durch Brüssel angestoßenen – Diskussionen um die Zukunft des Diesel zeigen bereits negative Auswirkungen. Zehntausende Arbeitsplätze könnten bei einer zu schnellen Verkehrswende (hin zur E-Mobilität) allein in Deutschland überflüssig werden. Die derzeitige insbesondere in Deutschland zu beobachtende politisch-ideologische Instrumentalisierung des Diesel zeigt bereits akute Wirkungen auf die Wirtschaft und die Beschäftigung. Es ist naiv, wenn man glaubt, dass dieser Verlust in der Beschäftigung zeitgleich durch neue Arbeitsplätze im Umfeld der E-Mobilität kompensiert werden kann. Die Auswirkungen der Verunsicherungen bei Autokäufen zeigen sich bereits sowohl in der Autoindustrie und auch bei den Zulieferfirmen.

Fatale Auswirkungen bei zu schnellem Umstieg auf die E-Mobilität – klimafreundliche Autos auf Jahrzehnte eine Illusion

Alarm hat auch der Branchenverband „NiedersachsenMetall“ gerufen. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Verbands, warnte in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vor fatalen Auswirkungen eines überhastigen Umstieges auf die E-Mobilität. „Wir leisten uns als einziges Land der Welt den Luxus, eine Spitzentechnologie wie den Diesel nach allen Regeln der Kunst kurz und klein zu schlagen“, sagte Schmidt. In einer Pressemitteilung wies Schmidt zusätzlich darauf hin, dass „wirklich klimafreundliche Elektroautos auf Jahrzehnte eine Illusion bleiben“; der CO2-Fußabdruck eines E-Fahrzeuges sei allein durch die Produktion des Akkus verheerend. „Umweltfreundlich werden Elektroautos erst, wenn keine fossilen Energien mehr für die Produktion des Akkus benötigt und sie ausschließlich mit Strom aus regenerativen Energien betrieben werden. Letzteres wird in Deutschland noch Jahrzehnte dauern und sowohl für die Produktion von Fahrzeugen als auch deren Betrieb in nahezu allen Ländern Utopie bleiben. Alle, die sich in der EU mit dem Thema ernsthaft beschäftigen, müssten das eigentlich wissen.“ In diesem Zusammenhang wies der NiedersachsenMetall-Chef auch auf China als vermeintlichen Vorreiter der klimafreundlichen Mobilität hin. Dabei wird gerne übersehen, dass nach wie vor 80% der Stromerzeugung im Reich der Mitte noch immer auf fossilen Energieträgern basiert.

Ein Stück aus dem Tollhaus

Deutschland leiste sich derzeit aus industrie- und klimapolitischer Sicht ein Stück aus dem Tollhaus, so Schmidt weiter. „Wir verschärfen auf europäischer Ebene die CO2-Grenzwerte und gleichzeitig reden wir uns daheim die klimafreundliche Diesel-Technologie kaputt; wer glaubt, dass das keine Auswirkungen auf Wachstum und Arbeitsplätze in Deutschland hat, hat von wirtschaftlichen Zusammenhängen herzlich wenig Ahnung“, sagte Schmidt. Wie irrsinnig die derzeitige ideologisch geführte Diskussion um die Themenfelder Diesel und Klima ist, zeigt der CO2 intensive Wert bei der Produktion von Elektromobilen. Allein die Herstellung des Akkus setzt – derzeitige Technologie – bei Mittelklassefahrzeugen um die 17 Tonnen CO2 in die Luft. Dafür müsse, so der Geschäftsführer von NiedersachsenMetall im Interview der NOZ, ein Diesel oder Benziner erst einmal 200.000 Kilometer fahren, um auf diese Menge CO2 zu kommen.

ARD stellt „Diesel-Desaster“ in eine neue Optik

In einem am 7. Januar 2019 ausgestrahlten ARD-Beitrag „Das Diesel-Desaster“, wurde die ganze fragwürdige und unehrliche Diskussion um den Diesel offengelegt. Nirgends sind die Grenzwerte z.B. für Stickstoffdioxid so streng wie in Deutschland. Während in den so kritischen USA 100 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erlaubt sind, schlägt die EU schon ab 40 Mikrogramm Alarm. Hinzu kommt, wie die Sendung dokumentierte, dass die Messverfahren äußerst fragwürdig sind. Auch die angeblichen Gefährdungen der Gesundheit bis hin zu Todesfällen wird von der seriösen medizinischen Wissenschaft bestritten und als „reine Panikmache“ bezeichnet. Zigarettenrauch und Adventskerzen seien viel schlimmer, so die renommierten Medizin-Wissenschaftler. Sowohl Prof. Martin Hetzel als auch sein Kollege Prof. Dieter Köhler betonten in der Sendung erneut, dass kein einziger Todesfall konkret den Stickstoffdioxiden durch Dieselfahrzeuge nachgewiesen werden kann, was auch interessanterweise durch das Bundesumweltbundesamt bestätigt wurde. Weshalb daher die Hatz gegen den Diesel? Es ist immer wieder erstaunlich, dass sich ein Geschäftsführer der NRO-Organisation DUH offensichtlich mehr medizinische Kompetenz anmaßt, als glaubwürdige Kapazitäten der Medizin. Eigentlich vermessen. Offensichtlich versucht auch die EU die Elektromobilität mit der Brechstange einzuführen und zwar unabhängig davon, ob E-Fahrzeuge überhaupt vom Verbraucher angenommen werden. Erkennbar agieren EU-Repräsentanten am Willen der Europäer vorbei. Sie dürfen sich daher nicht wundern, wenn bei den EU-Wahlen im Mai die Wähler die Rechnung begleichen…

In Deutschland – wir haben dies in verschiedenen Beiträgen bereits beleuchtet – hat die Automobilindustrie eine zentrale Bedeutung für die Volkswirtschaft und die Beschäftigung. Für wirtschaftsdynamische Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen ist die Automobilindustrie incl. der Zulieferer sogar die entscheidende Konjunkturlokomotive, die über Wehe und Ach entscheidet.

Peter Altmaier liegt völlig daneben

Leider liegt auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit seiner jüngst getroffenen Kritik an der Automobilindustrie völlig daneben. In einem Interview warf der Minister der deutschen Autobranche „schwere Versäumnisse“ vor. Sie sei bei Zukunftstechnologien nicht optimal aufgestellt. Wie er zu dieser Einschätzung gelangt, bleibt wohl sein Geheimnis. Dabei hat der Minister offenbar die Exportkraft der deutschen Automobilindustrie übersehen, denn diese rangiert mit Abstand vor dem Maschinenbau und der Chemie. Dass es Deutschland bisher so gut ging – und damit schmücken sich Regierungen gerne bei Wahlen –, ist der Innovationsfreude und der bisherigen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Autoindustrie zu verdanken, die aufgrund ihrer technologischen Überlegenheit im Wettbewerb so erfolgreich punkten konnte. Wenn diese Überlegenheit durch unrealistische Vorgaben durch die Politik – sei es indirekt über die EU oder in Deutschland – gefährdet wird, kann dafür die Automobilindustrie nicht verantwortlich gemacht werden.

Keineswegs hat die Branche – im Gegensatz zur Politik – Entwicklungen falsch eingeschätzt. Die Politik hat hingegen völlig unrealistische Zielvorgaben für die E-Mobilität gesetzt, die vom Verbraucher trotz der E-Prämien auch nicht ansatzweise genutzt wurden. Auch hat die Politik vielmehr bei der Voraussetzung für eine E-Mobilität – Stichwort gesicherte Stromversorgung und Infrastruktur – völlig versagt. Verantwortliche Unternehmen können nicht einem Zeitgeist hinterherlaufen, der sich eventuell auf den Weltmärkten überhaupt nicht durchsetzt. Riesige Investitionen, auch in die Herstellung der Batterien für die E-Mobilität, sind schnell in den Sand gesetzt. Politiker wollen halt gewählt werden. Sie müssen ja später – wenn sie längst nicht mehr im Amt sind – die Verantwortung für ihren oft praktizierten Unsinn nicht übernehmen.

Altmaier unterstützt DUH mit Steuermitteln

Wie die Politik aber versagt, zeigt deren Umgang mit der Miniorganisation Deutsche Umwelthilfe (DUH). Diese wird mit Millionen von Steuergeldern u.a. durch den Bund erheblich gefördert und fordert gleichzeitig bundesweit unverhältnismäßige Fahrverbote und beleidigt die Bundesregierung u.a. mit Pressemitteilungen. Eigentlich ist dies alles den Bürgern nicht mehr vermittelbar. Gerade das Bundeswirtschaftsministerium hat der DUH für 2019 einen Auftrag über 3,5 Millionen Euro zukommen lassen. Der Zweck: die Organisation des „Bürgerdialog Stromnetze“. Gibt es dafür keine Kompetenzen im Ministerium? Eigentlich ist diese Steuergeldverschwendung ein Fall für den Bundesrechnungshof.

Zurecht hat sich über die finanzielle Förderung der DUH durch Steuergelder auch die „Vereinigung der bayerischen Wirtschaft“ (vbw) in einem Schreiben an den Bundeswirtschaftsminister abfällig geäußert. Vbw-Präsident Alfred Gaffal und Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt im Schreiben: „Es stellt sich immer mehr heraus, dass die Förderung gerade auch durch öffentliche Gelder erfolgt.“ Bereits schon früher hat vbw-Präsident Gaffal geklagt: „Die unsägliche und völlig aus dem Ruder gelaufene Diesel-Debatte schadet unserer Leitindustrie.“ Bayern ist ein wichtiges Autoland, deren Autoindustrie inkl. der Zulieferer für 30% der industriellen Wertschöpfung im wirtschaftsdynamischen Bayern stehen. Die Automobilindustrie sichert aber nicht nur in Bayern Wachstum, Export und Beschäftigung.

Letzte Änderung am Dienstag, 15 Januar 2019 15:18
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag