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Deutsche Bank: Josef Ackermann wird nicht Aufsichtsratsvorsitzender

Deutsche Bank: Josef Ackermann wird nicht Aufsichtsratsvorsitzender Deutsche Bank

Eine Ära geht zu Ende

Nun wird also Dr. Josef Ackermann nicht an die Spitze des Aufsichtsrates von Deutschlands größter Bank wechseln; mit Ablauf der HV im Mai 2012 wird er aus der Deutschen Bank ausscheiden. Ackermann selbst hat dem Aufsichtsrat der Bank mitgeteilt, dass er nicht mehr als Kandidat für den Posten eines Aufsichtsratsvorsitzenden zur Verfügung stünde. Dies ist gut so, wenngleich der Stimmungsumschwung des aus dem bodenständigen Sarganserland (Kanton St. Gallen, Schweiz) stammenden Bankmanagers zumindest erklärungsbedürftig ist.

Es ist zu Ackermanns Kehrtwende (einer erneuten, muss man sagen) viel geschrieben und gemunkelt worden – auch in den seriösen Medien. Seine Bilanz sei durchwachsen. Durch mehrere Rechtsstreitigkeiten, vor allem in den letzten Jahren, sei der Ruf der Deutschen Bank angeschlagen worden, so unisono die Gazetten. Um es auf einen Nenner zu bringen: An der Spitze eines globalen Geldinstitutes kann kein Mann stehen, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussagen im Kirch-Prozess läuft und dessen Büros von der Staatsanwaltschaft durchsucht wurden. Bereits am 23. Mai 2011 berichtete „Der WirtschaftsReport“ (siehe hier) unter der Überschrift „Deutsche Bank hat viel Ärger durch spektakuläre Anklagen und Prozesse“ vom Imagedesaster durch zahlreiche juristische Auseinandersetzungen, vor allem auch in den Vereinigten Staaten.

Die Liste der negativen Schlagzeilen seit Ackermanns Amtsantritt bei der Deutschen Bank als Vorstandssprecher im Mai 2002 (seit 2006 als Vorstandsvorsitzender) ist lang. Berüchtigt wurde das berühmte V-Zeichen, als Ackermann im Abfindungsprozess Esser (ehemaliger Mannesmann-Chef) im Jahre 2004 das Gericht brüskierte. Dann die Unfähigkeit, in der jahrelangen Auseinandersetzung mit dem Medien-Unternehmer Kirch zu einem Konsens zu kommen. Schließlich die Geschwätzigkeit Ackermanns in der Finanzkrise 2008 („würde mich schämen, wenn wir Staatshilfe annehmen würden“ – was die Deutsche Bank dann in den USA aber tat) und vor allem die Wichtigtuerei und Prahlerei in der Öffentlichkeit um eine Geburtstagsfeier, die die Kanzlerin ihm im Bundeskanzleramt ausgerichtet habe. Unvergessen auch das Gerede um die Kreditwürdigkeit Griechenlands und die erwähnten juristischen Auseinandersetzungen in den USA, über die wir im Mai 2011 ausführlich berichteten.

Die Kritik, demnach die Deutsche Bank die Hälfte ihres Wertes seit dem Amtsantritt von Ackermann im Jahre 2002 verloren habe, werten wir aber noch nicht einmal zu Lasten Ackermanns – da haben andere und früher sogar größere Banken, beispielsweise die UBS oder die Credit Suisse, wesentlich andere Stürme bewältigen müssen.

Auch hat Ackermann die Bank auf eine völlig andere Struktur geführt. Bei Amtsantritt im Jahre 2002 erwirtschaftete das Institut einen Gewinn von 397 Millionen Euro; auf dem Höhepunkt vor der Finanzkrise, im Jahre 2007, konnte Ackermann einen Jahresgewinn von 6.510 Millionen Euro präsentieren. Auch wurden einige spektakuläre Weichenstellungen realisiert. So etwa den Erwerb der Postbank, das wohl beste Engagement. Die Deutsche Bank ist, gemessen am Weltmaßstab, das wohl einzige deutsche Institut, das in der Spitzenliga mitspielt. Der Finanzkonzern Deutsche Bank hat weltweit über 80.000 Beschäftigte. Gemessen an den Zahlen ist die Bilanz von Josef Ackermann nicht schlecht. Aber eine führende Weltbank muss auch durch ihre führenden Persönlichkeiten Glaubwürdigkeit vermitteln und da sind eben leider doch erhebliche Defizite in der Ära Ackermann entstanden. Eine Bank, die den Namen „Deutsche“ führt, wird weltweit an bestimmten Maßstäben beurteilt.

Übergangslösungen an der Vorstandsspitze?

Nun wird die Deutsche Bank nicht von einem Aufsichtsrat kontrolliert, an dessen Spitze Ackermann steht. Diese Funktion wird der Österreicher Dr. Paul Achleitner, bisher Mitglied des Vorstandes des Versicherungsriesen Allianz, übernehmen. Doch er wird es nicht leicht haben, denn die Nachfolgeregelung von Ackermann ist keineswegs optimal gelöst. Nach der nächsten Hauptversammlung im Mai 2012 wird das Tandem Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Bank führen. Ob dies gutgehen kann, darf bereits wieder bezweifelt werden. Denn vor allem der Inder Anshu Jain dürfte, so er nach dem Ausscheiden des bereits 63-jährigen Fitschen in wenigen Jahren die Alleinverantwortung übernimmt, für erhebliche Irritationen sorgen. Der Inder, dem Spiegel-Online schon einmal das Attribut „knallharter Zocker“ verlieh, ist in der Tat in erster Linie Investmentbanker, der seinen Wirkungskreis am liebsten in London hat. Noch schlimmer ist, dass er immer noch nicht einmal Deutsch spricht, obwohl er, wie die „Süddeutsche“ zurecht darauf hinwies, dazu „13 Jahre Zeit hatte“. Ein Chef der Deutschen Bank hat tunlichst als oberster Repräsentant von Deutschlands wichtigster Bank, die auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik des wichtigsten EU-Landes Deutschland vernetzt ist, durch ihren obersten Chef als Gesprächspartner der Bundesregierung deutsch zu sprechen. Die Deutsche Bank ist immerhin die führende Bank der deutschen Großunternehmen und da wird vor allem in konservativen Kreisen erwartet, dass der Mann die Landessprache spricht. Dies gehört übrigens auch zur Höflichkeit. Die Deutsche Bank wird von Frankfurt am Main geführt, nicht von London – es sei denn, das Institut will keine „Deutsche“ Bank mehr sein …

Noch kann in der Übergangszeit der bestens positionierte und vernetzte Jürgen Fitschen das Schlimmste verhindern – doch was geschieht, wenn später alles auf Anshu Jain zuläuft? Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Aufsichtsratschef, im besagten Fall Paul Achleitner, den Chefposten eines Kontrolleurs mit der operativen Kommandobrücke tauscht. Schlecht wäre es für die Deutsche Bank nicht.

 

Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag