Thüringer Donnerschlag und die bundesweite Hysterie
Die Wahl von Thomas Kemmerich und der Rücktritt
Klima, Coronavirus, Donald Trump – war da was? Seit dem 5. Februar 2020 scheinen die deutsche Politik und vor allem die Medien nur noch ein Thema in Deutschland zu kennen, den in Thüringen ausgelösten angeblichen „Dammbruch“. Hintergrund war und ist die Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen. Ihn hatte niemand auf der Rechnung.
Tories deklassieren Labour – sportlich 365 zu 203
Boris Johnson hat nun alle Brexit-Optionen
Alle kontinentalen Wunschträume bei den Wahlen zum britischen Unterhaus sind nicht eingetreten und somit Makulatur. Entgegen den erst zwei Tage vor der Wahl in deutschen Medien verkündeten Prognosen, demnach nun doch ein Kopf- an- Kopf-Rennen zwischen der Conservative Party und Labour, die traditionsreiche britische Arbeiterpartei, bevorstünde, haben die „Tories“ mit Parteichef und Premierminister Boris Johnson am 12. Dezember 2019 den höchsten Sieg seit über dreißig Jahren errungen. Von den 650 Sitzen im „House of Commons“ erhielt die Conservative Party 365 Mandate, während alle anderen Parteien zusammen (Labour 203, Scottish National Party 48, Liberal Democrats 11, Democratic Unionist Party 8, Sonstige 15) nur 285 Wahlreise gewinnen konnten. Sportlich gesprochen ging die Wahl 365:285 – ein Unterschied von 80 Mandate – zugunsten der Tories aus. Damit kann Premier Boris Johnson mit dieser enormen absoluten Mehrheit locker seine Vorstellungen beim Brexit realisieren. Von den neuen Mehrheitsverhältnissen im „Palace of Westminster“ kann die Firma Merkel & Co nur träumen!
Die Erosion der Parteien
Die Landtagswahl in Thüringen
Die Landtagswahl vom 27. Oktober 2019 in Thüringen zeigt im Ergebnis als weiteres Beispiel die rasant schnell fortschreitende Erosion der deutschen Parteienlandschaft. Im Thüringer Landtag sind jetzt sechs Parteien vertreten – die Weimarer Republik lässt grüßen! Immer deutlicher wird, dass es mit dem „alten“ Rollenverständnis der sogenannten großen Volksparteien (im Nachkriegsdeutschland waren damit bis zur Bundestagswahl 2005 die Union und die Sozialdemokratie gemeint) vorbei ist.
Die Volksparteien verwässerten ihr Profil
Verantwortlich für diese Entwicklung sind die Parteien selbst, weil sie ihr jeweiliges Profil verwässert haben: Die Union wurde unter Angela Merkel zu einer Art linken „Merkel-CDU“ unter Preisgabe ihrer ehemaligen konservativen Wählerschichten – sozusagen eine etwas „angenehmere“ SPD und die Sozialdemokratie hat andererseits nach der Ära ihres ehemaligen erfolgreichen Bundeskanzlers Gerhard Schröder nie mehr zu einer klaren wirtschaftsbejahenden Positionierung und Abgrenzung gegenüber der Partei der Linken gefunden und obendrein ihre Stammwähler, etwa im Ruhrgebiet, sträflich vernachlässigt.
Beide Parteien, CDU und Sozialdemokratie, biederten – und biedern – sich obendrein bei den Grünen an. Sie alle scheinen nur noch ein Thema zu kennen: Die angebliche Apokalypse durch das Klima. Abgesehen davon, dass aktuell Arbeitsplätze in der Industrie gesichert werden müssen, die durch den Klimawahn gefährdet sind, ist das Originalmodell der Grünen, wenngleich in vielen Fragen irrsinnig, in der öffentlichen Wahrnehmung in den Medien immer besser …
Der ehemalige Gegenpol der Unionsparteien CDU und CSU, die traditionsreiche und so verdienstvolle deutsche Sozialdemokratie, erreichte jetzt in Thüringen mit kümmerlichen 8,2% den vierten Platz und die CDU, die sogar schon nach der Wende in Thüringen mit einer absoluten Mehrheit regieren konnte, landete jetzt noch hinter der AfD auf dem für die Partei so beschämenden dritten Platz:
Ergebnis Thüringen 2019 in Prozent und Mandate (erste Ziffer Prozentziffern, zweite Zahl Mandate)
Linke: 31,0 / 29
AfD: 23,4 / 22
CDU: 21,7 / 21
SPD: 8,2 / 8
Grüne: 5,2 / 5
FDP: 5,0 / 5
Somit hat das „linke“ Lager (Linke, SPD, Grüne) von den insgesamt 90 Sitzen im Landtag in Erfurt keine Mehrheit; die „bürgerlichen“ Parteien mit CDU, AfD und FDP erhielten hingegen 48 Mandate. Es wird aber keine „bürgerliche“ Regierung in Thüringen geben, weil die CDU eben nicht mehr bürgerlich ist, sondern ganz im Gegenteil zunächst nach der Thüringen-Wahl durchaus mit dem Gedanken einer Koalition mit der Linken spielte. Demgegenüber wird die AfD ausgegrenzt, obwohl sie inzwischen in Thüringen von jedem vierten Wähler die Stimme erhielt.
Eine Koalition der CDU jetzt in Thüringen mit der Linken wäre nicht die erste Überraschung für die Stammklientel der CDU. Die Union hat z.B. ihr früheres Markenzeichen und ihre Seele z.B. auch im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg längst verkauft und ging als „Trittbrettfahrer“ sogar mit den Grünen eine Koalition ein. Ansonsten hätten die Grünen nach der letzten dortigen Landtagswahl am 13. März 2016 ihren grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nicht mehr durchsetzen können, es sei denn, die FDP hätte ausgerechnet in ihrer Hochburg ebenfalls ihre Wähler(innen) verraten. Für die Stammwähler sowohl der Linken als auch der CDU wäre jetzt in Thüringen eine Koalition mit dem jeweiligen „alten Erzfeind“ (Für die Linke die CDU, für diese die Linke) schlichtweg ein Verrat und hätte nur den Zweck des Machterhalts bzw. der Teilhabe an der Macht, egal unter welch einer Konstellation. Was bedeutet dies für das Wahlvolk? Eine nüchterne traurige Wahrheit: Die Bürger(innen) wählen eine bestimmte Partei und erhalten dann nach der Wahl eine Regierung, die sie erkennbar nicht wollten. Der Wählerwille würde oder wird vermutlich wieder einmal verfälscht.
Gemauschel mit undurchsichtigen Absprachen
Vermutlich wird der bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow (persönlich durchaus ein honoriger und übrigens christlich gläubiger Mann) unter welch einer Konstellation auch immer, weiterhin in Thüringen Ministerpräsident bleiben, obwohl seine Partei noch nicht einmal ein Drittel der Stimmen erhielt. Also wird es ein Gemauschel mit undurchsichtigen Absprachen geben müssen. Koalitionen – insbesondere wenn mehrere Parteien daran beteiligt sind – haben (erkennbar z.B. auf Bundesebene) das Geschmäckle der Erpressbarkeit. Die Richtlinienkompetenz der Regierungschefs ist nur noch graue Theorie. Wenn der Machtverlust droht, knickt etwa eine Angela Merkel immer ein. Das nennt sie dann Kompromiss!
Im Ergebnis zeigen sich tatsächlich nur noch zum Teil ekelhafte Kompromisse, die entgegen der eigenen Überzeugung nur zum Zweck des Machterhalts eingegangen werden. Diese Unsitte spüren natürlich die Wähler(innen). Man muss sich einmal folgenden denkbaren Unsinn, der auch in den Medien breitgetreten wurde, vorstellen: Eine Thüringer Viererkoalition Linke, SPD, Grüne und FDP. Natürlich wäre diese rein rechnerisch möglich – aber dies wäre so, als ob man Feuer und Wasser, etwa Linke und FDP, vereinigen wollte. Streit und Zoff wären Programm! Wir bräuchten ein modifiziertes Mehrheitswahlrecht. Man wollte dies übrigens in der alten Bundesrepublik schon einmal. Das derzeitige Wahlsystem hat sich bei einer Aufsplitterung der Parteienlandschaft im In- und Ausland überlebt. Wie lange will man etwa zum Beispiel dem spanischen Volk noch Wahlen in immer kürzer werdenden Intervallen zumuten?
Es geht mal wieder um die „Reichen“
Welche Republik will Rot-Rot-Grün?
Kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg will vor allem die SPD mit einem Thema aus der Mottenkiste – die Besteuerung der „Reichen“ – retten, was noch zu retten ist! Beim verzweifelten Versuch Wähler zu erreichen, glaubt die SPD ihr Seelenheil mit leicht durchschaubaren Parolen und Forderungen zu gewinnen. Die Partei plant einmal wieder die Einführung der Vermögenssteuer, die übrigens schon in der Vergangenheit das Bundesverfassungsgericht ausgesetzt hat.
EU-Wahl 2019: Ende des Dualismus
Brüsseler Hinterzimmer-Diplomatie ist passé
Die Wahlergebnisse der EU-Wahl 2019 zeigen viele Facetten: europaweite und natürlich nationale in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU. Auf europäischer Ebene ist es zunächst einmal aufgrund der aktuellen Wahlergebnisse erfreulich, dass das grundlegende frühere Gemauschel in den Hinterzimmern nicht mehr so einfach ist. Und das ist gut so, wenn man nur an das teilweise schlimme Procedere bei der Besetzung der EU-Ämter denkt. Oft bekamen unfähige Personen in Brüssel einen „Posten“, weil sie entweder in ihren Ländern abgewählt oder weggelobt wurden. Darüber könnte man eine eigene Dokumentation schreiben.