Macrons Ablenkungsmanöver
Illusionen à la francaise
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat mit viel Pathos in einem Gastbeitrag für verschiedene Tageszeitungen in den EU-Ländern (in Deutschland „Die Welt“) ein Europabild gezeichnet, das man eher reserviert sehen muss. Weder ist Europa in großer Gefahr (eher die vielen selbstherrlichen Strukturen in der EU), noch ist der von Macron vorgeschlagene Neubeginn in Europa umsetzbar. Überhaupt wirken die Vorschläge des Staatspräsidenten seltsam. Er will Europa reformieren und findet noch nicht einmal in seinem eigenen Land die Zustimmung der „Bürgerinnen und Bürger“ (so die Anrede in seinem Zeitungsbeitrag) für eine Reform in Frankreich. Macrons Umfragewerte liegen im eigenen Land am Boden, selbst seine ehemaligen Förderer wie Expräsident Francois Hollande wenden sich von ihm ab. Die Protestbewegung der „Gelbwesten“ zeigen ein Frankreich, dass nicht unbedingt Kompetenz und Führungsstärke von Macron zeigt. Viele Menschen, nicht nur in Frankreich, sagen nicht zu Unrecht, dass sich der Präsident – bevor er Illusionen verbreitet – erst mal um sein eigenes Land kümmern soll. Macron hat nämlich keine Autorität mehr. Er wollte ein Gegengewicht gegen die „Populisten“ in Frankreich aufbauen und hat das Gegenteil erreicht.
Macrons Gas-Affront gegen Deutschland
Nord Stream 2 wird zum politischen Spielball – der Versorgungsauftrag gerät leider zur Nebensache
Es war eine politische Bombe und eine Brüskierung der Angela Merkel sowie eine französische Machtdemonstration gegenüber dem wirtschaftlich stärkeren Deutschland. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron wollte mit seiner kurzfristig angesagten Torpedierung der Gasleitung Nord Stream 2 an die Bundesregierung ein Signal setzen: Motto – Angela, Du bestimmst nicht alles allein, bis hierher und nicht weiter! Macron nutzte völlig überraschend die amerikanischen Angriffe gegen die Gaspipeline, um der Kanzlerin, und somit Deutschland, eine Lektion zu erteilen: Kurz vor der Entscheidung des Europäischen Rats über eine neue Gasrichtinie gab Frankreich bekannt, aus der Allianz mit Deutschland bei der neuen Ostsee-Pipeline auszusteigen. Dadurch wäre das Energieprojekt Nord Stream 2 zum Fall gebracht worden. Die Aufregung in Berlin war groß.
Präsident Macron verliert das Volk
Franzosen steigen gegen Macron auf die Barrikaden
Die Franzosen verstehen von Revolutionen viel. Bereits am 14. Juli 1789 stürmten sie die Bastille in Paris und läuteten dadurch die Französische Revolution ein. Zeitenwende 1968: Selbst dem großen Idol und Präsidenten General de Gaulle setzten die berüchtigten Mai-Unruhen des Jahres 1968, die am 3. Mai in der Sorbonne begannen und fast den gesamten Mai anhielten, persönlich zu. Er resignierte. Berühmt wurde daher sein geheimer Flug am 29. Mai 1968 nach Baden-Baden zu seinem Kameraden, dem Haudegen und Fallschirmjägergeneral Jacques Massau, dem die französischen Truppen in Deutschland unterstanden. Nachdem Draufgänger Massau dem Präsidenten seine Loyalität und die vielleicht notwendig werdende militärische Unterstützung bei einem Ausnahmezustand zusicherte und gleichzeitig de Gaulle beschwor, nach Paris an „die Front“ zurückzukehren, schöpfte dieser wieder Mut (General Massu in seinem Buch „ BADEN 68 – SOUVENIRS D’UNE FIDELITE GAULLISTE“ – Erinnerungen an die gaullistische Treue) und flog nach Paris zurück.
Macron sollte eine Erfolgsgeschichte nicht belasten:
Deutschland und Frankreich
Ähnlich der berühmten „Special Relationship“ zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich (nach wie vor eine wichtige Grundlage der amerikanisch-britischen Politik), ist die deutsch-französische Freundschaft spätestens seit dem Élysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 die Grundlage der engen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich und der Eckpfeiler der europäischen Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg. Der enge Schulterschluss ist erfreulicherweise zwischen Deutschen und Franzosen unbestritten.
Jubelgesänge könnten Enttäuschungen weichen
Emmanuel Macron sucht Dumme
Es war ja klar: Nach den Vorwahlen vom 23.4.2017 konnte der neue Staatspräsident Frankreichs nur Emmanuel Macron heißen. Zu groß war die Allianz gegen Marie Le Pen. Doch solche Zweckbündnisse der traditionellen Parteien Frankreichs haben auch ihre Tücken. Ist das Ziel – Marie Le Pen verhindern – erreicht, brechen alte Gegnerschaften wieder auf. Dies wird auch der neue Staatspräsident im eigenen Land bald spüren. Doch nicht nur dort.