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Immer mehr Eingriffe in die Eigentumsrechte: Teil 1

Immer mehr Eingriffe in die Eigentumsrechte: Teil 1 © Siemens

Deutschland: Ab in die Planwirtschaft

Das ständige Durcheinander der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wird für die Unternehmen der Energiewirtschaft immer grotesker. Seit Jahren überschlagen sich in Deutschland die Ereignisse mit Forderungen, Novellen und Bestimmungen, die einen Haltbarkeitswert haben, der eigentlich fast schon zu vernachlässigen ist.

Es ist noch nicht so lange her, dass die Politik von der „Marktmacht der Stromerzeuger“ sprach, die durch den Verkauf von Kraftwerken an unabhängige neutrale Anbieter im Sinne von mehr Wettbewerb reduziert werden müsse. Diese Forderung erhob z.B. der damalige hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU). Aktuell sollen die Betreiber von thermischen Kraftwerken gezwungen werden, selbst unrentable Kraftwerke in Betrieb zu halten. So ändern sich die Zeiten.

Verstaatlichung der Stromtrassen

Angesichts des unbefriedigenden Ablaufes der Energiewende wurde ausgerechnet von Ministerin Ilse Aigner (CSU) – zuständig u.a. für den Verbraucherschutz – eine Verstaatlichung von Stromtrassen in die Diskussion geworfen, weil der Netzausbau nicht vorankomme. Zur Erinnerung: Vor einigen Jahren wurden die Stromversorger gedrängt, sich von ihren Leitungsnetzen zu trennen. Ziel des „Unbundlings“ war dabei, die Stromübertragungsnetze von den Wettbewerbsbereichen eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens abzugrenzen. Neue Kraftwerkebetreiber sollten über die Netze Zugang haben und somit für mehr Wettbewerb und verbraucherfreundliche Strompreise sorgen. Unterschätzt wurde vor vier Jahren, dass Stromnetze, der eigentliche Blutkreislauf der Stromversorgung, eine hochkomplizierte Angelegenheit sind und einer hohen Kapitalkraft durch die Betreiber bedürfen (siehe "Energiewirtschaft in der Polarisierung" Seite 6).

Beim nur sehr langsam vorangehenden Netzausbau – die entscheidende Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende – sind es nicht nur die Akzeptanzprobleme durch die Bevölkerung. An die Stelle der investitionsstarken langjährigen Betreiber der Netze (Eon, RWE, Vattenfall und EnBW) traten Unternehmen, die sich zumindest bei der Realisierung der enormen Investitionen für die Leitungen schwertun. Deshalb ja auch der Vorstoß zur Verstaatlichung der Netze durch Frau Aigner. Kommando zurück in die Planwirtschaft …

Beim jetzt geplanten Eingriff in die Eigentumsrechte der Kraftwerke-Betreiber (durch die Zwangsverpflichtungen), sind in einem hohen Ausmaß Stromproduzenten betroffen, die man vor nicht allzu langer Zeit aufrief, in moderne Gaskraftwerke zu investieren. Damit sollte die jederzeit gesicherte Stromversorgung im Umfeld der Energiewende gewährleistet werden.

Unterschätzte Probleme

Wenn die von Politik und Gesellschaft gewollte Energiewende durch politische Vorgaben wie Einspeisevorrang der regenerativen Stromerzeugung realistisch umgesetzt werden soll, dann müssen die Parameter stimmen. Dazu gehört der termingerechte Bau der für das Funktionieren der Energiewende notwendigen Stromleitungen nach Süddeutschland. Diese Infrastrukturmaßnahme stößt jedoch auf die erwähnten erheblichen Akzeptanzprobleme der Anlieger. Diese Schwierigkeiten wurden durch die Politik unterschätzt bzw. falsch eingeschätzt. Deshalb sollten fairerweise die konventionellen Kraftwerkebetreiber nicht per Gesetz bzw. einer Zwangsverpflichtung gezwungen werden, Kraftwerke, die aus Rentabilitätsgründen zur Stilllegung vorgesehen sind, weiter betriebsbereit zu halten. Genau dies aber macht die Bundesregierung mit dem „Dritten Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften“ und entfernt sich dadurch von einem durch Wettbewerb geprägten Energiemarkt. Zwangsverpflichtungen haben immer das „Geschmäckle“ einer überwunden geglaubten Planwirtschaft.

Zum Hintergrund: Hochmoderne und umweltfreundliche Gaskraftwerke, wie das vor zwei Jahren in Betrieb genommene „Weltmeister-Gaskraftwerk“ im bayerischen Irsching (die Siemens-Gasturbine besitzt einen rekordverdächtigen Super-Wirkungsgrad), werden durch die Zunahme der enorm geförderten und subventionierten erneuerbaren Energien – die auch private Haushalte durch teuer gewordene Stromrechnungen stark belasten – aus dem Markt gedrängt. Der Grund liegt im Einspeisevorrang der regenerativen Technologien; dadurch müssen die Gaskraftwerke ihre Betriebsstunden enorm reduzieren. Infolgedessen können die Anlagen, die zur Absicherung der Stromversorgung dringend benötigt werden, die Fixkosten nicht mehr erwirtschaften. Auf gut deutsch: die Gaskraftwerke können nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Dies ist für die Betreiber ärgerlich, vor allem weil die Politik drängt, saubere Gaskraftwerke zu bauen. Aber noch schlimmer ist die Tatsache, dass die Versorgungssicherheit mit Strom, insbesondere in strengen Winterzeiten, gefährdet ist. Dies hat die Bundesregierung sehr wohl erkannt. Deshalb werden die Betreiber ja verpflichtet, auch Altanlagen in Betrieb zu halten. Dies ist aus Sicht der Politik zwar verständlich, dann müssen aber die betriebswirtschaftlichen Bedingungen für die Unternehmen der Energiewirtschaft stimmen.

Gefährdete Netzstabilität

Durch extreme winterliche Windverhältnisse wird in Norddeutschland oft zu viel Windstrom produziert. Dieser kann aufgrund der fehlenden Netzinfrastruktur und der noch technisch ungelösten Speichertechnologie nicht in die süddeutschen Verbrauchsregionen transportiert werden. Gleichzeitig wird bei einer Überproduktion die Netzstabilität gefährdet. Die Folge ist ein notwendiges „Ableiten“ des in Norddeutschland produzierten Windstromes z.B. in die Niederlande. Diese Schizophrenie bräuchte nicht sein, wenn der Einspeisevorrang bei extremen Windverhältnissen zumindest temporär eingestellt bzw. angepasst würde.

Da auf der anderen Seite bei einer windarmen Stromproduktion oder zu wenig Sonne „Backup-Lösungen“ (z.B. durch Gaskraftwerke) für die gesicherte Stromversorgung notwendig sind, entsteht eine gefährliche Versorgungssituation, wenn Gaskraftwerke nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.

Bundesregierung verlagert Kosten der Energiewende

Mit der Zwangsverpflichtung verlagert die Bundesregierung die Kosten der Energiewende zu Lasten der Betreiber von Kraftwerken. Die deutsche Stromwirtschaft wird immer stärker durch politische Vorgaben wie Vorhaltung von Kapazitäten gezwungen, im Ausland unternehmerisch tätig zu werden, wenn sie wirtschaftlich erfolgreich sein soll. Wo kann sie sich sonst noch in der konventionellen Stromproduktion entfalten? Eine Marktwirtschaft und eine Energiewende sieht anders aus! Die ganze Energiewende, so wie sie jetzt läuft, ist eine Flickschusterei. Die Bundesregierung tappt in eine Falle, die vor allem durch die Grünen gelegt wurde. Klappt die Energiewende nicht, war es die derzeitige Bundesregierung. Will die Bundesregierung den Unsinn der zu hohen Förderkosten beschneiden, ist der Aufschrei der Nutznießer der regenerativen Technologien ebenfalls groß. Zu viele Förderkosten belasten die Stromrechnung der Verbraucher und zu wenig Absicherung gefährden eine jederzeit – auch bei zu wenig Wind und Sonne – gesicherte Stromversorgung. Ein Teufelskreis.


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Letzte Änderung am Mittwoch, 03 Mai 2017 16:05
Günter Spahn

 Herausgeber und Chefredakteur Zielgruppen-Medien Verlag